Wildkatzen entdecken die Heide als Lebensraum

Wild- und Hauskatzen sehen sich ähnlich, aber die wilden Verwandten unserer Stubentiger sind extrem scheu und gelten als absolut unzähmbar. Fotos: Thomas Stephan/BUND

Wild- und Hauskatzen sehen sich ähnlich, aber die wilden Verwandten unserer Stubentiger sind extrem scheu und gelten als absolut unzähmbar. Fotos: Thomas Stephan/BUND

Die Lüneburger Heide ist um ein Raubtier reicher: Die Europäische Wildkatze ist gekommen, um zu bleiben. Einen ersten Hinweis darauf gab es 2017, als die Art auf dem Truppenübungsplatz Munster nachgewiesen wurde, damals das nördlichste beobachtete Vorkommen in Deutschland und ein Beleg dafür, dass die Tiere sich ausbreiten.

„Die Lüneburger Heide ist ein prima Wildkatzen-Lebensraum“

Ähnlich wie vor Jahren der Wolf, erobert auch die im späten 18. Jahrhundert in Deutschland fast ausgestorbene Wildkatze über den Truppenübungsplatz kommend ehemalige norddeutsche Siedlungsgebiete zurück. Und die Lüneburger Heide ist „ein prima Wildkatzen-Lebensraum“, sagt BUND-Wildtierexpertin Friederike Scholz. Das Nebeneinander von Wolf und Katze sei kein Problem, die Arten gingen sich aus dem Weg.

Die Naturschützer vom BUND engagieren sich seit mehr als 15 Jahren im Projekt „Rettungsnetz Wildkatze“ für den Schutz der Art. Wie viele Wildkatzen schon im Heidekreis leben, kann niemand beziffern. Denn die nachtaktiven Tiere sind extrem scheu und schwer nachzuweisen. Dass sie angekommen sind, konnten der BUND und der niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz jetzt aber erstmals belegen.

Südlich von Seevetal in eine Fotofalle getappt

Die Katzen haben die Kreisgrenze sogar bereits in nördlicher Richtung überschritten. „Wir haben erstmals eine männliche Wildkatze im Landkreis Harburg nachgewiesen“, berichtet Andrea Krug, Wildkatzenexpertin des BUND Niedersachsen. Das Tier tappte südlich von Seevetal in eine Fotofalle. Es ist der nunmehr nördlichste Nachweis der streng geschützten Art in Deutschland.

Scholz geht davon aus, dass sich eine feste Wildkatzenpopulation in der Heide etabliert. Bedroht sei der mutmaßlich noch kleine und instabile Bestand aber durch den Straßenverkehr. „Das Überfahrenwerden ist die häufigste Todesursache für erwachsene Wildkatzen“, sagt die Wildtier-Expertin. Belastbare Daten dazu gebe es aber nicht – auch, weil überfahrene Wildkatzen oft mit Hauskatzen verwechselt würden. Ihre Ähnlichkeit mit Stubentigern bringt Wildkatzen auch in die Gefahr, als vermeintliche Streuner erschossen zu werden. Auch dazu liegen keine Daten vor. „Früher ist das aus Unkenntnis wahrscheinlich regelmäßig passiert“, vermutet Scholz. „Die meisten Jäger sind sich heute wohl bewusst, dass sie bei wildfarbenen Katzen vorsichtig sein müssen.“

Haus- und Wildkatzen vermischen sich in Deutschland nur selten

Unsere Hauskatzen stammen nicht von der europäischen Wildform ab, sie sind aber mit ihnen verwandt. Die Arten können sich miteinander paaren und fruchtbaren Nachwuchs bekommen. Das bedroht in manchen Ländern den genetischen Fortbestand der Wildform. „In Schottland gibt es praktisch keine echten Wildkatzen mehr“, sagt Expertin Scholz. In Deutschland betrage der Anteil sogenannter Hybride aber nur etwa drei Prozent. Warum Haus- und Wildkatze in Deutschland so selten zueinander finden, ist nicht abschließend geklärt.

Im Januar beginnt die Hauptpaarungszeit der Wildkatzen. Der Nachwuchs erblickt in der Regeln im April oder Mai das Licht der Welt. Foto: Thomas Stephan/BUND

Im Januar beginnt die Hauptpaarungszeit der Wildkatzen. Der Nachwuchs erblickt in der Regeln im April oder Mai das Licht der Welt. Foto: Thomas Stephan/BUND