7 Blitzgeräte einkassiert - 1000 Verfahren eingestellt

Die Blitzgeräte Leivtec XV 3, mit denen der Heidekreis an den Autobahnen und in der Fläche den Verkehr überwacht hat, sind ungenau in der Messung und dürfen nicht mehr eingesetzt werden. Foto: len

Die Blitzgeräte Leivtec XV 3, mit denen der Heidekreis an den Autobahnen und in der Fläche den Verkehr überwacht hat, sind ungenau in der Messung und dürfen nicht mehr eingesetzt werden. Foto: len

Mit einem Richter weniger muss zurzeit das Amtsgericht in Soltau arbeiten. Denn sämtliche Verfahren aufgrund von Geschwindigkeitsverstößen sind weggefallen. „Wir haben in dem Bereich fast kein Arbeitsaufkommen mehr“, erklärt Direktor Carsten Springer. Daher schrumpfen die Richterstellen aktuell auf acht Köpfe.

Das ist eine Auswirkung des Ausfalls aller sieben Blitzgeräte der Marke Leivtec XV 3, die der Heidekreis bislang zur Verkehrsüberwachung eingesetzt hat, zwei davon fast rund um die Uhr an der Autobahn 7. Alle Blitzer wurden wegen Messungenauigkeit aus dem Verkehr gezogen. Wer vor Mitte März geblitzt wurde, könnte daher möglicherweise mit einem blauen Auge davon kommen. Denn geblitzt wird seit dem nur noch mit dem in einem Anhänger verbauten Gerät Traffistark S350 der Firma Jenoptik, beim Heidekreis auch Berta genannt, das sogar in zwei Richtungen auf die Einhaltung der Geschwindigkeitsvorgaben achtet.

Schon seit Monaten gibt es deutschlandweit Zweifel an der Messgenauigkeit der Blitzgeräte der Marke Leivtec XV 3. Mitte März bestätigte das die Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB). Ende März gab es laut Heidekreis-Pressestelle weitere Versuchsreihen durch die PTB. Dabei seien unzulässige Messwertabweichungen aufgetreten, die allesamt zugunsten Betroffener ausfielen. Die weitere Verfahrensweise sei derzeit in Klärung. Schadensersatzforderungen an den Hersteller soll es aus Landkreissicht nicht geben.

Dennoch dürften die Auswirkungen insbesondere auf den Heidekreis-Haushalt enorm sein. Denn Kreissprecherin Sandra Michaelis geht davon aus, dass rund 1000 Verfahren eingestellt werden mussten, entsprechende Einnahmen aus Bußgeldern ausfallen. 2019 nahm der Heidekreis fast 960000 Euro ein, die gezielt für die Verkehrssicherheitsarbeit genutzt werden, wie Fahrsicherheitstrainings für Pkw und Motorrad oder gezielte Projekte mit der Polizei.

Für 2020 waren im Haushalt Einnahmen von 690000 Euro vorgesehen. In normalen Jahren sollen an den Autobahnen rund 520 Messdienste absolviert werden, in der Fläche mehr als 1000. Aber schon im vergangenen Jahr gab es zumindest auf den Autobahnen weniger Einsätze der Blitzer aufgrund von Baustellen an Brücke und Fahrbahn sowie geänderter Verkehrsführung durch eine bessere Beschilderung.

Auch das hatte übrigens das Amtsgericht in Soltau, das für die Fälle im nördlichen Heidekreis zuständig ist, ebenfalls gespürt. Nach einer Hochphase bei Ordnungswidrigkeiten im Verkehrsbereich 2019 mit 1947 Verfahren ging es 2020 auf 1120 Fälle zurück – auf etwa das Niveau von 2018.

350000 Euro für Neuanschaffung

Schon 2019 wurden beim nun außer Betrieb genommene Blitzgerät Leivtec XV 3 Ungenauigkeiten bei der Messung vermutet. Im August vergangenen Jahres gab es die ersten Untersuchungen. Laut ADAC brachte allerdings auch die zwischenzeitliche Änderung der Gebrauchsanweisung zur Durchführung der Messungen keine Lösung. Bis zur endgültigen Klärung soll daher das Gerät nicht mehr eingesetzt werden. Nur so könnten Geschwindigkeitsübeschreitungen klar und für betroffene Autofahrer nachvollziehbar verfolgt werden, so der ADAC.

Ob die Geräte im Heidekreis auch nach einer Klärung wieder zum Einsatz kommen, ist offen. Der Landkreis hatte allerdings einen Austausch aller sieben Blitzgeräte ohnehin in Arbeit. In diesem Jahr stehen dafür rund 350000 Euro im Haushalt. Bis dahin erfolgt die Geschwindigkeitsüberwachung angepasst durch den Anhänger-Blitzer Berta.