Bispingen trauert um Stefanie, Lilly und Luca

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In der Olen Kerk in Bispingen ist nun Platz für das Gedenken an Stefanie, Lilly und Luca. So soll auch das Umfeld der Familie besser geschützt werden. Foto: at

Raum zum Trauern, zum Halten, für Verzweiflung und Tränen, aber auch zum Erinnern und so für kurze Augenblicke zur Freude, den gab es am gestrigen Freitagabend in der St. Antonius-Kirche in Bispingen. Die Gemeinde trauerte um Stefanie, Lilly Marie und Luca, die kleine Familie, die einem grausamen Verbrechen zum Opfer gefallen ist.

Zu einer gemeinsamen Gedenkfeier für die Familie, für Nachbarn, Bekannte und Freunde hatten Kirchengemeinde, Kommune, Schule und Kindergarten eingeladen. Die Anteilnahme aber der gesamten Gemeinde Bispingen war und ist groß, vor dem Rathaus hing die grün-weiße Gemeindefahne auf Halbmast.

Kurz vor 18 Uhr läuteten die Glocken der St.-Antonius-Kirche. Bürgermeister Dr. Jens Bülthuis sprach von Entsetzen und Ratlosigkeit, aber auch von einer grenzenlosen Hilfsbereitschaft, die in der Gemeinde zu spüren sei. In solch einer Situation sei es gut in einem Dorf zu leben, in dem „wir eng zusammenstehen“.

Pastor Frank Blase, der die Familie der Getöteten seit Sonntag eng als Seelsorger begleitet, rahmte die Situation für die 160 Zuhörer ein, sprach von Eindrücken, Fragen, Gefühlen, Erinnerungen und von inneren Bildern, für die es schwer sei, Worte zu finden, denen in der Gedenkfeier aber Platz eingeräumt werden soll.

Eine Gedenkfeier, die als Brücke dienen sollte über einen reißenden Strom – musikalisch danach untermalt Eva und Matthias Lüderitz mit dem Song „Bridge over Trouble Waters“. Vor Augen hatten die Trauernden dabei das Foto der drei jungen Menschen, auf eine große Leinwand projiziert: Mama Stefanie mit dem kleinen Luca vor sich und Lilly, die sich an ihre Schulter lehnt.

„Ja, es fehlen die Worte“, machte auch Annegret Albers deutlich, die gemeinsam mit Mitschülern Lillys in dieser Woche bereits gebetet hatte und nun mit einem Psalm versuchte, den Anwesenden Trost zu spenden. Schon am gestrigen Morgen waren die 5. Klassen der Schule zu einem Gottesdienst in die Ole Kerk zusammengekommen.

Im Gedenkgottesdienst am Abend erklärte Schulleiterin Iris Wagner: „Wir vermissen sie unendlich und werden ihr Andenken ehren.“ Außer dem Ehepaar Lüderitz sorgten Andrea Böger und Raimund Wartenberg für die musikalische Umrahmung unter anderem mit den Liedern „Candle in the Wind“ und „Amazing Grace“. Kurze fröhlichen Augenblicke gab es, als die charakteristischen Eigenheiten Lucas und Lillys und auch ihrer Mutter geschildert wurde: Sie waren Sonnenscheinkinder, war nicht nur einmal zu hören.

Ilse Simon und Marianne Kraft vom Hospizdienst Lebensbrücke der Kirchengemeinde boten jedwede Unterstützung an, Bürgermeister Bülthuis bat am Ende noch darum, die Privatsphäre der Familie zu respektieren.

Ole Kerk wird zum Mittelpunkt für die Trauer

Kerzen brennen in der Olen Kerk. Das ist eigentlich fast immer so in der kleinen 700 Jahre alten Kirche, die den Mittelpunkt Bispingens bildet. Die Türen sind täglich geöffnet, damit sich Besucher das Kleinod anschauen können, aber auch für ein kurzes Gebet, viele zünden dafür ein Teelicht an.

Doch jetzt brennen die Kerzen auch für drei Menschen der Gemeinde, die auf grausamste Weise getötet wurden. Die Kirchengemeinde hat den Ort als Ort des Gedenkens eingerichtet, an dem sich Menschen an Stefanie, Lilly und Luca erinnern und um sie trauern können, eine Mutter und ihre beiden Kinder, die am vergangenen Sonntag ermordet wurden.

Auf einem Tisch stehen Blumen, Kerzen, Kuscheltiere und Fotos vor allem von Lilly. Sie zeigen, wie sie auf dem Sozius eines Motorrad sitzt oder auf einem Klettergerüst turnt, immer fröhlich ist. Mitschüler haben kleine Bilder gemalt, der Kreativkurs der 9. Klasse großformatige Bilder gestaltet. Im Eingangsbereich liegt ein Buch, um Erinnerungen an die Familie und eigene Worte einzutragen, drei Engel sind auf der ersten Seite gezeichnet.

Luca, so erzählt Pastor Frank Blase bei der Gedenkveranstaltung am gestrigen Freitagabend in der großen Kirche der Gemeinde, sei ein aufgewecktes und fröhliches Kind gewesen, das gerne in den Wald gegangen sei. Es habe auf jede Frage eine Antwort gehabt. Blase hat lange mit den Mitarbeiterinnen des Kindergartens gesprochen und er schildert den Vierjährigen in den fröhlichen Farben, damit nicht nur die Bilder des Schreckens im Raum stünden, wie er sagt.

Bispingens Schulsprecherin Skadi Cordes spricht von Lilly als fröhliches und tolles Mädchen. Schulleiterin Iris Wagner erzählt davon, dass bei Begegnungen mit der Elfjährigen immer ein Lächeln über ihr Gesicht gehuscht sei, „weil sie so vieles war, ein Wirbelwind und Sonnenschein und ein bisschen eine Rampensau.“ Kämpferisch hätte sie sich für Gerechtigkeit eingesetzt, manchmal sei sie auch eine Nervensäge gewesen, aber auch eine ehrgeizige Sportlerin und gute Schülerin: „Eine echte Bispingerin." Wagner macht aber auch deutlich, wie entsetzt man in der Schule sei und wütend über das rücksichtslose Verbrechen.

Was Stefanie ausgemacht hat, hat ihre Hausgemeinschaft für Pastor Blase aufgeschrieben. Die 35-Jährige, die eigentlich nur Bella gerufen wurde, beschreiben sie als toll, crazy, als jemanden, der immer für die anderen da gewesen sei, als hilfsbereit und einzigartig. Aber auch mit Kraftausdrücken habe sie nicht gespart. Und Blase zitiert, dass sie eine mega Küchenfee war. Schilderungen, die in die Trauer der Gedenkfeier in der St. Antonius-Kirche kurz ein bisschen Fröhlichkeit bringen.

„Die Erinnerungen sind der kostbarste Schatz“, gibt Blase den Angehörigen mit auf den Weg und lädt alle ein, weitere Erinnerungen in der Olen Kerk zu hinterlassen, wo seit Jahrhunderten die Menschen Hilfe von Gott erlebt hätten. Denn ganz Bispingen trauere, sagt Blase, auch die, die eigentlich mit der Familie nicht so nah bekannt seien.

Trauerbewältigung, Hilfe und Spendenkonto

Im Zusammenhang mit den Bispinger Ereignissen ist zur Unterstützung der Hinterbliebenen ein Spendenkonto eingerichtet worden. Wer die Familie unterstützen möchte, kann über die Konten der Kirchengemeinde St. Antonius Bispingen spenden: Verwendungszweck ist „Trauerfall Stefanie, Lilli-Marie und Luca“ bei der Kreissparkasse Soltau/Bispingen IBAN DE 05 2585 1660 0055 0260 41 oder bei der Volksbank Lüneburger Heide/Bispingen IBAN DE 38 2406 0300 4802 5879 00.

Wer selbst in Trauer ist und Unterstützung sucht, um einen Verlust verarbeiten zu können, der kann auch auf folgende Angebote zurückgreifen:

Hospizgruppe Soltau

Die Hospizgruppe macht verschiedene Angebote zur Trauerbewältigung. Hier ist Kindertrauerbegleiterin Marianne Kraft Ansprechpartnerin: www.hospizgruppe-soltau.de, Telefon (05191) 60144.

Löwenzahn Trauerzentrum

Ein Zentrum für trauernde Kinder und Jugendliche ist in Hannover zudem das www.loewenzahn-trauerzentrum.de, Telefon (0511) 70032278.

Verwaiste Eltern

Trauerbewältigung, -hilfe, -beratung und Trauerbegleitung beim Verlust eines geliebten Menschen für Eltern und Geschwister bietet die Organisation www.verwaiste-eltern.de, Telefon (040) 45000914, oder www.veid.de (Bundesverband).