Soltau will Stadtwerke-Anteile von Bremen zurückkaufen

Seit März arbeiten Aufsichtsratsvorsitzender Dr. Ronald Begemann (links) und Geschäftsführer Jens Gieselmann an dem Rückkauf der Stadtwerkeanteile der swb AG Bremen. Gieselmann wird das Vorhaben nicht zu Ende führen, er wechselt Anfang 2023 zu den Stadtwerken Emden. Foto: at

Es war ein Paukenschlag, der die Stadtwerke Soltau und die Politik im November 1990 erschütterte. Der Bau der Soltau-Therme war erheblich teurer geworden als kalkuliert.

Bei mehr als 34 Millionen damals noch D-Mark lagen am Ende die Gesamtkosten. Zwischendurch soll es um eine Nachfinanzierung von 14 Millionen Mark gegangen sein, am Ende bescheinigte ein Prüftbericht eine Kostenüberschreitung von 8 Millionen Mark.

Im Zuge dessen kam die kommunale Tochter erheblich ins Straucheln, stand vor einem riesigen Schuldenberg und hatte kaum mehr finanziellen Handlungsspielraum. Frisches Geld brachte 1998 der Einstieg der Stadtwerke Bremen, die seitdem 49,5 Prozent des Unternehmens halten, 50,5 Prozent liegen bei der Stadt Soltau. Zudem gab es eine stille Beteiligung der Bremer an den Stadtwerken.

Seit diesem Frühjahr arbeiten Aufsichtsrat und Geschäftsführung daran, die Stadtwerke nach gut 30 Jahren wieder komplett in städtische Hände zurückzuführen. Kaufmännisch sei das nach Aussage von Aufsichtsratschef Dr. Ronald Begemann in relativ trockenen Tüchern. Die Entscheidungen der Gremien in Soltau und bei der swb AG Bremen aber fehlten noch.

Ursprünglich war angedacht, die Anteile noch in diesem Jahr zurückzuerwerben. Jetzt wird es wohl Anfang 2023 werden. In Soltau tagt in der kommenden Woche der Aufsichtsrat dazu, zudem fehlt noch das Votum des Stadtrates, auch die Kommunalaufsicht muss beteiligt werden.

Begemann selbst spricht sich deutlich für den Rückkauf aus. Es stünden eine Vielzahl von Entscheidungen bei den Stadtwerken an, zählt er das Projekt Tiefengeothermie auf, aber auch die Sanierung der Therme selbst. Das im Oktober 1990 eingeweihte Gebäude ist aufgrund der aggressiven Salzlake in ihrem Bestand gefährdet. Ein Sensorsystem überwacht zur Sicherheit Stahl, Beton und Technik.

Kleinste Ausschläge könnten zur Schließung führen. Daher steht eine grundhafte Sanierung oder aber sogar der komplette Neubau des Tourismusmagnets im Raum. Vorhaben, so Begemann, die mit nur einem Gesellschafter einfacher umzusetzen seien.

Die Politik jedenfalls scheint hinter den Plänen zu stehen. Reiner Klatt, bei der SPD geschäftsführender Fraktionschef, hatte in seiner Haushaltsrede vergangene Woche betont, dass diese wichtige und sinnvolle Investition künftig finanzielle Vorteile für die Stadt bringen könnte. Als alleiniger Gesellschafter stehen „wir in der Verantwortung für die Gestaltung der Zukunft unserer Stadtwerke.“

Dafür allerdings muss Soltau tief in die Tasche greifen Die Stadt soll nach BZ-Informationen gut sechs Millionen Euro aufbringen, die Stadtwerke selbst einen zweistelligen Millionenbetrag für den Rückkauf der „stillen Anteile“.

Start 1896 als Gasanstalt

Als Gasanstalt Soltau GmbH wurden die heutigen Stadtwerke 1896 gegründet. Die Stadt mit 126 Gaslaternen und 86 Privatabnehmer waren erste Kunden für Leucht- und Kochgas. 1921 kam Strom dazu, 1959 Trinkwasser, 1967 wird das Wasserwerk eingeweiht. Die Tourismusförderung wird ein Geschäftszweig, 1973 wird das Hallenbad eröffnet – und eine Kunsteisbahn. 1974 wird nach Sole gebohrt, 1985 die Quelle in 200 Metern Tiefe als Heilquelle anerkannt, 1990 die Soltau-Therme eröffnet. In den Folgejahren wurde in das Freizeitangebot weiter investiert – dann mit dem Gesellschafter Stadtwerke Bremen an der Seite, deren Gesellschafter inzwischen fast zu 100 Prozent die EWE AG Oldenburg ist.