Der Turm der Lutherkirche bröckelt

Kurz vor dem 111. Geburtstag leidet der Turm der Lutherkirche unter Altersschwäche. Das Ziegelwerk ist durch die Witterung angegriffen und muss nun saniert werden. Foto: at

Kurz vor dem 111. Geburtstag muss der Turm der Lutherkirche in Soltau saniert werden. Im März entdeckte Pastor Keno Eisbein vor dem Haupteingang einen Ziegelstein, der von weit oben aus dem Mauerwerk gebrochen und heruntergestürzt war. Bei einer anschließenden Untersuchung durch eine Fachfirma lösten sich ganze Fassadenelemente.

Nun muss an der Kirchturmfassade dringend gearbeitet werden, auch um die Gefahr weiterer herabstürzender Steine zu bannen, wie Eisbein erläuterte. Zunächst war der Turm weiträumig abgesperrt, der Haupteingang lange nicht zugänglich. Jetzt ist die Kirche in dem Bereich eingerüstet.

Entsprechender Ziegelstein-Ersatz ist bereits angeliefert. Rund 400000 Euro müssen investiert werden, schätzt das zuständige Amt für Bau- und Kunstpflege Celle der Landeskirche Hannover. Noch laufen die Vorbereitungen für die eigentlichen Arbeiten.

Die Experten von Fachfirma und des landeskirchlichen Amtes waren zunächst mit einem Hubsteiger in die Höhe gefahren. „Sie haben nur ein bisschen rumgeklopft, da ist schon alles runtergekommen“, beschreibt der Pastor die Situation gerade zu dem verputzten Schmuckelement auf dem Kirchturm.

Alles sei lose und locker, der Turm muss von allen Seiten saniert werden. Besonders die Wetterseite, also die Seite mit dem Haupteingang, ist besonders betroffen. Fugen sind altersbedingt porös, Wasser ist eingedrungen, Frost, Hitze und Schlagregen haben die Steine angegriffen.

Die Folgen sieht man auch im Inneren des Turmes. An vielen Stellen ist die Feuchtigkeit durch das Mauerwerk gedrungen, im Aufgang zum Glockenturm bröckelt die Farbe von der Wand. An einer Stelle ist die Innenwand mit Holz verkleidet. Was sich darunter verbirgt, wisse man noch nicht, erklärt Eisbein. Dass das Holz aber runter müsse, das sei klar.

„Dass es was Größeres ist, das wurde schnell festgestellt“, erklärt Eisbein. Allerdings sei auch keine Gefahr in Verzug. Obwohl die Baumaßnahme nun in Zeiten kommt, in denen die Auftragsbücher der Handwerksfirmen eigentlich voll sind, hat die Kirchengemeinde wohl Glück. Denn nicht nur das Gerüst steht bereits, sondern es wurde avisiert, dass auch die Sanierung zügig starten könnte. Die Gemeinde hat sogar die Hoffnung, dass im November der Kirchturm in neuem Glanz erstrahlt. Dann nämlich steht der 111. Kirchengeburtstag zum 1. Adventwochenende an.

Die Zifferblätter der Lutherkirche sind wie der Turm in die Jahre gekommen. Jetzt muss geprüft werden, ob sie zu reparieren sind oder ausgetauscht werden müssen.

Finanztechnisch wird die Kirchengemeinde nicht mit herangezogen. Den Großteil der Kosten wird die Landeskirche übernehmen, den Rest der Kirchenkreis. Anders allerdings sieht es für die Kirchturmuhr aus. Zwei der drei Zifferblätter sind bereits abgebaut. Auch diese müssen dringend saniert oder sogar erneuert werden. Das ist zu einem Großteil Sache der Gemeinde.

Fabrikanten machen Turmbau erst möglich

Nachdem die St.-Johannis-Kirche 1906 vollständig abgebrannt war und wieder aufgebaut werden sollte, wurde entschieden, dass Soltau eine weitere Kirche benötigte. Noch vor den Toren Soltaus fand am 20. Juli 1910 die Grundsteinlegung für die Lutherkirche statt. Heute kann man sich nicht mehr vorstellen, dass das Gebiet nahezu unbebaut war, als die Kirche auf dem Hügel in die Höhe wuchs.

Am 3. Advent 1911 wurde sie schließlich eingeweiht. Die Entwürfe für die Kirche stammen von Eduard Wendebourg (1857 bis 1940) aus Hannover, einem Schüler von Conrad Wilhelm Hase (1818 bis 1902), der als Begründer der Hannoverschen Bauschule gilt, die einen streng historisierenden Baustil pflegte.

Um Geld zu sparen, wollte der Kirchenvorstand eigentlich auf einen Turm verzichten, aber Soltauer Fabrikanten halfen mit einer großzügigen Spende, so beschreibt es die Gemeinde auf ihrer Webseite.