Junges Forum hat Sorge vor Verschwinden des Idylls

Ganz spontan sind Begriffe zum Thema „Chancen für Schneverdingen“ gefallen, die das digitale Programm in eine Wortwolke gestellt hat. Die flinke Smartphonenutzung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer erklärt die Tippfehler in den Beiträgen.

Lebenswert und nachhaltig sind zwei Eigenschaften, für die Schneverdingen stehen will. Deshalb ist die Heide-Stadt im Cittaslow-Netzwerk, einem weltweiten Zusammenschluss von lebenswerten Städten. Um dem Anspruch auch in Zukunft gerecht zu werden, ist entscheidend, was für die jüngere Generation wichtig ist. Sie sei bislang in den Foren wenig vertreten gewesen. „Ich schaue meist in ältere Gesichter“, sagte Bürgermeisterin Meike Moog-Steffens am Mittwoch im Schafstall am Höpen. Die Stadt hatte gezielt Menschen zwischen 16 und 45 Jahren zu einem jungen Forum eingeladen. Rund 20 Frauen und Männer waren dabei.

Hoher Attraktivitätswert

Mit einem Kompliment für Schneverdingen geht es los: Mit einer digitalen Abstimmung erfragt Joscha Brünnich von der Agentur Heinze & Partner den Attraktivitätswert. Auf einer Skala von 1 bis 10 entsteht ein Wert von 7,6. „Im Vergleich zu anderen Städten ein extrem guter Wert“, sagt der Moderator, und auch Resa Domurath vom Stadtmarketing freut sich im Nachhinein darüber. Auch in den Kategorien familiär, tatkräftig und traditionsbewusst sind die Bewertungen erwartungsgemäß positiv. Fortschrittlich und offen fallen dagegen ab. Trotzdem konstatiert Brünnich, der deutschlandweit Stadtentwicklungsprozesse begleitet, eine „große Zufriedenheit“ mit der Lebensqualität in der Stadt. Keiner widerspricht. Doch im Laufe der Diskussion stellt sich heraus, dass es durchaus auch Bedenken gibt. Zum Beispiel, dass immer mehr Grünflächen durch Bauprojekte verschwinden. „Es gibt immer mehr Schottergärten, das ist schrecklich“, sagt eine Teilnehmerin. „Es entstehen immer mehr Wohnblocks“, beobachtet eine andere Teilnehmerin mit Sorge. Es sei die Angst vor dem Verschwinden des Idylls, fasst Brünnich zusammen. Wobei er noch nicht erkennen könne, dass der Ort mit Blocks zugebaut werde, aber da habe er wahrscheinlich eine andere Wahrnehmung. Seit mehreren Jahren komme er einmal jährlich nach Schneverdingen, um die Stadt zu unterstützen.

Potenzial für eine Vision

Sowohl die digitale Infrastruktur als auch die Anbindung mit der Bahn kam bei den Schwächen zur Sprache. Die Erreichbarkeit sei durch Verspätungen und Zugausfälle mittlerweile so schlecht, dass man nur noch auf gut Glück zum Bahnhof ginge, in der Hoffnung, dass eine Bahn komme. „Es gibt ja nicht mal mehr eine Info am Bahnsteig“, kritisiert eine Teilnehmerin. Und dann müsse man mit spontanem Gleiswechsel rechnen. Immer wieder wurde die Nähe zum Arbeitsort Hamburg hervorgehoben. Schneverdingen ist eine Pendlerstadt am Rande der Metropolregion geworden. Doch als Brünnich nachfasste, was sich die Menschen für die Stadt wünschen, ob weiteres Wachstum oder eine Alternative, hakte es. Hier sah er Potenzial, eine Vision für die Stadtentwicklung zu erarbeiten. Zunächst einmal fasst er die Ergebnisse zusammen, die Resa Domurath voraussichtlich im Wirtschaftsausschuss vorstellen wird.

Teil von Cittaslow

Schneverdingen gehört seit 2017 zum internationalen Netzwerk Cittaslow: Einem Bündnis von lebenswerten Städten unter 50 000 Einwohnern. In Deutschland haben sich 23 Städte und Gemeinden angeschlossen, die meisten in Süddeutschland. Dafür hat Schneverdingen sich nicht nur beworben, sondern auch einer aufwendigen Zertifizierung gestellt. Es geht um einen Stadtentwicklungsprozess, der die Lebensqualität unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit stellt. Als Gegenpol zur schnelllebigen Globalisierung, die das Individuelle verdränge. Die Schnecke ist das Symbol. Slow ist nicht im Sinne von langsam zu verstehen, sondern von nachhaltig.

Gemeinsam entwickeln die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Ideen, was sie sich für Schneverdingen für die Zukunft wünschen. Foto: jul