Erstmals Fördermittel für Tiefe Geothermie in Niedersachsen

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer zeigt sich Anfang Mai gut gelaunt: Erstmals schüttet das Land eine veritable Fördersumme für Tiefe Geothermie jenseits der reinen Forschungsförderung aus. Die Nutzung der Erdwärme kann 30 Prozent des gesamten Wärmeenergiebedarfs abdecken - ein in Niedersachsen bislang nicht genutztes Potential. Foto: bk

Satte neun Jahre hat es für den Reifungsprozess bei der niedersächsischen Landesregierung - in verschiedenen politischen Konstellationen - gebraucht, um die Tiefe Geothermie erstmals mit einer millionenschweren Förderung für ein Praxisprojekt zu bedenken. Am gestrigen Dienstag kann der Geschäftsführer der Stadtwerke Munster-Bispingen, Jan Niemann, einen entsprechenden Förderbescheid von Umweltminister Christian Meyer (Grüne) über 7,1 Millionen Euro endlich offiziell entgegennehmen.

Geothermie kann 30 Prozent des Wärmeenergiebedarfs abdecken

Bereits im März 2014 hatte nämlich der Niedersächsische Landtag einstimmig das noch unter dem Aufsichtsratsvorsitzenden Alfred Schröder im Jahr 2008 angestoßene Stadtwerke-Projekt zur Erschließung der tiefen Erdwärme für die Örtzestadt im Rahmen einer Resolution zum bundesweiten Pilotprojekt erklärt. Dieser politischen Willensbildung des Parlaments folgte dann allerdings seitens der Landesregierung nicht viel. Weder Grüne, noch SPD oder CDU mochten sich weder in das Projekt selbst noch in das Potenzial von 30 Prozent Abdeckung der Wärmeenergie durch Erdwärmenutzung hineindenken, geschweige denn Schritte unternehmen, um etwaige Hürden rechtlicher, finanzieller oder rein bürokratischer Natur zu nehmen.

Dass jetzt die Landesregierung die Kurve gekriegt hat, geht auf die Hartnäckigkeit des Stadtwerke-Managements zurück. Es sei der erste Förderbescheid in Sachen Tiefe Geothermie, erklärt Minister Christian Meyer nicht ohne Stolz. „Das ist ein neues Zeitalter für die Tiefe Geothermie“, setzt der Minister dann gleich noch die Latte für die eigene Klimaschutzpolitik deutlich über das Niveau dieses ersten Bescheids.

Nachnutzung einer Erdgasbohrung bei Munster ist Pilotprojekt

Mit dem Geld wollen die Stadtwerke, beziehungsweise das mit dem Projekt beauftragte Unternehmen Heide-Geo, die vorhandene Bohrung des Energieunternehmens Exxon-Mobil weiter abteufen und ertüchtigen, um die bisher bekannten Daten bestätigt zu bekommen.

Meyer spricht von der Übernahme des Fündigkeitsrisikos durch das Land. 90 Prozent der Kosten für diese Arbeiten an der bestehenden Bohrung übernehme man. Doch dass das Risiko nicht allzugroß ist, davon ist insbesondere der mit dem Projekt seit Jahren betraute Geologe Professor Dr. Dieter Michalzik überzeugt. "Die Daten zeigen jetzt schon, dass es funktionieren wird. Ich erwarte keine Überraschungen." Damit bestätigt der Geologe, was auch Niemann zuvor schon vermutet hat - noch tiefer ist das eigentliche Wasserreservoir, wo die Daten eher besser als schlechter sein dürften.

Genug für 5000 Haushalte in Munster

Wenn die geologischen Daten bestätigt sind, soll die Heide-Geo die Bohrung der Exxon-Mobil abkaufen, eine zweite Bohrung herstellen und über diese sogenannte Dublette 147 Grad heißes Wasser fördern, die Wärme nutzen und das erkaltete Lagerstättenwasser wieder in den 5000 Meter tiefen roten Sandstein versenken, wo es sich erneut erwärmen kann, um wiederum gefördert zu werden. Die Stadtwerke wollen auf diesem Wege rund 5000 Haushalte mit Wärmeenergie versorgen.

Langfristig haben die Stadtwerke und die Landesregierung auch die Förderung von Lithium im Blick. Der Stoff ist bislang wichtig für die Akkutechnologie und würde hier deutlich nachhaltiger gefördert werden als derzeit in Südamerika, wo ganze Landschaften durch den obertägigen Lithiumabbau versteppen.

Bernhard Knapstein