Wieder Zugverkehr auf OHE-Strecke?

Bei Drögennindorf wurden die Gleise auf der Strecke von Lüneburg nach Amelinghausen erneuert, allerdings noch nicht mit Blick auf eine Wiederaufnahme der Personenbeförderung. Foto: phs

Während bei der milliardenschweren Frage, wie die Bahn zwischen Hannover und Hamburg auf Hochgeschwindigkeit gebracht werden soll – durch einen Bestandsausbau, wie im Alpha E-Kompromiss vereinbart, oder einen Streckenneubau durch den nördlichen Teil des Heidekreises und den Landkreis Harburg – zeitnah zwar entscheidende Weichenstellungen durch den Bundestag erfolgen sollen (heutige Seite 1), bis zur Realisierung aber noch etliche Jahre ins Land gehen dürften, gewinnt ein anderes Bahnprojekt in der Region immer mehr an Kontur. Es ist deutlich günstiger und nicht annähernd so konfliktbelastet. „Wir kommen dem Ziel, die Strecke Lüneburg – Amelinghausen – Soltau noch in dieser Legislaturperiode für den Personennahverkehr in Betrieb zu nehmen, realistisch näher“, glaubt der Landtagsabgeordnete Detlev Schulz-Hendel (Bündnis 90/Die Grünen). Das würde bedeuten, dass ab 2027 wieder fahrplanmäßig Personenzüge zwischen Soltau und der Hansestadt verkehren könnten.

„Wir dürfen nicht nur über weitere Strecken reden und Leute nachhaltig vergraulen“ Jan-Ole Witthöft SPD-Politiker

Der Grünen-Politiker aus Amelinghausen ist Vorsitzender der Grünen-Landtagsfraktion und betreut den Heidekreis, der im Landtag nicht mit einem Abgeordneten vertreten ist. Schulz-Hendel verweist auf die jüngste Sitzung des von Verkehrsstaatssekretär Frank Doods (SPD) geleiteten parlamentarischen Lenkungskreises. Dabei hätten insbesondere die Strecken im Fokus gestanden, die bereits in den vergangenen Jahren angestoßen worden seien und die besten Voraussetzungen für eine rasche Realisierung hätten. Dazu gehört neben drei weiteren Strecken in Niedersachsen auch die knapp 60 Kilometer lange Verbindung von Lüneburg über Amelinghausen nach Soltau. „Die Rot-Grüne Koalition macht weiter hohes Tempo, um die Reaktivierung von Bahnstrecken zügig voranzutreiben.“ Der Lenkungsgremium habe einvernehmlich festgelegt, die Planung des Infrastrukturausbaus mit Nachdruck fortzusetzen, so dass diese Strecken schnellstmöglich zur Bundesförderung angemeldet und bildlich aufs Gleis gehoben werden könnten. „Wir sind sehr froh, nach dem letzten Lenkungskreis den eindeutigen Auftrag zur Planung der Reaktivierung vom Land bekommen zu haben“, bestätigt Sebastian Schülke, Technischer und Eisenbahnbetriebsleiter bei der Schieneninfrastrukur Ost-Niedersachsen (Sinon) die positiven Signale aus Hannover. Der Sinon gehört die ehemalige OHE-Strecke von Lüneburg – Soltau. Neben dieser waren auch die im Heidekreis liegenden Verbindungen Soltau bzw. Munster – Celle, die in Beckedorf (Kreis Celle) zusammentreffen, bereits auf Initiative des Wirtschaftsministeriums in die Untersuchung einbezogen worden. Der Heidekreis habe gemeinsam mit den Kreisen Celle und Gifhorn sein Interesse an einer Wiederaufnahme der Personenbeförderung bekundet, teilte Landkreismitarbeiter Jügen Haarstick am Montag im Kreistags-Verkehrsausschuss mit. Darüber hinaus habe die Verden-Walsroder Eisenbahn aktiv den Vorschlag zur Verlängerung der Regio S-Bahn Bremen – Verden über den Bahnhof Verden-Süd nach Armsen in der Gemeinde Kirchlinteln eingebracht. Dieser Vorschlag enthalte auch eine Schnellbusverbindung von Armsen über Südkampen und Kirchboitzen nach Walsrode. „Der weitere Fortgang des Programms bleibt abzuwarten“. Ungeachtet der positiven Anzeichen für eine Bahnstreckenreaktivierung dürfe man die aktuellen Probleme nicht aus dem Blick verlieren, warnte Jan-Ole Witthöft (SPD). „Wir dürfen nicht nur über weitere Strecken reden und Leute nachhaltig vergraulen, dass sie sich von der Bahn abwenden.“ Bezogen war das auf die Situation auf dem Heidekreuz, wo es immer wieder hakt und aktuell vor allem auf der Amerikalinie zu massiven Einschränkungen und Totalausfällen kommt. Seit einer Woche verkehren keine Züge auf der Linie RB37 zwischen Verden und Uelzen, der Streckenbetreiber hat einen Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet (BZ vom 17. Juni). Witthöft: „Der Landkreis muss aktiv werden und Start bei den Haaren kriegen, damit das Unternehmen die Mängel endlich in den Griff kriegt und behebt.“

Reinhard Vorwerk