Landwirte: Dauerregen ist zurzeit noch mehr Segen als Fluch

Schwer hängt der nasse Roggen am Halm, schwarz schimmert bereits leichter Schimmelbefall durch. Foto: bk

Gut für Mais und Rüben, schlecht fürs Getreide

Heidekreis. "Die anhaltende Trockenperiode mit kaum nennenswertem Niederschlag stimmt mich sehr nachdenklich“, hatte sich im Juni der Vorsitzende vom Landvolk-Ausschuss „Pflanze“, Karl-Friedrich Meyer, noch besorgt über die Trockenheit gezeigt. Jetzt stresst der unaufhörliche Juli-Regen die Landwirtschaft. Auch für Laien erkennbar, zeigt das Getreide bereits einen schwarzen Schimmer -- ein Indiz für Schimmelbildung. Im Gespräch mit der Böhme-Zeitung gibt Landvolk-Vorsitzender Jochen Oestmann zur aktuellen Situation eine erste Einschätzung ab.

„Was wir jetzt erleben, ist ein Extrem in die andere Richtung“, so Oestmann. „Mussten die Felder zuvor wegen Regenmangels künstlich bewässert werden, ist die künstliche Beregnung jetzt kein Thema mehr.“ Noch seien die negativen Auswirkungen des Dauerregens allerdings überschaubar. Gegen die Schimmelbildung im Getreide könne man nicht viel machen. „Die Qualitätseinbußen sind irreversibel, was schimmelig ist, können wir nicht mehr verbessern.“ Braugerste und Winterroggen litten sichtlich unter der Nässe, in Teilen auch der Winterweizen, so Oestmann. „Aber der Weizen sieht noch nicht überall minderwertig aus“, hofft Oestmann für das Landvolk auf nur geringe wirtschaftliche Einbußen.

Kartoffeln müssen vor Krautfäule geschützt werden

Derzeit profitiere vor allem der Wald von dem Regen. „Aber auch für Mais und Rüben ist der Regen noch eine Wohltat“, sieht Oestmann auch echte Pluspunkte für die Landwirtschaft. Etwas mehr Vorsicht sei bei den Kartoffeln geboten. „Warme feuchte Bedingungen sind ideal für Krautfäule in den Kartoffeln.“ Da müsse jetzt mit Pflanzenschutzmitteln vorgebeugt werden, sobald sich dafür die richtige Witterung vorliege. „Das geht nur, wenn es trocken ist“, erklärt Oestmann. Da sei Geduld gefragt, auch wenn die der Bauer nicht mit der Muttermilch eingesogen habe, lacht der Landvolkchef. Er habe gestern gerade einmal drei Stunden Raps mähen können, „dann war es mit dem nächsten Schauer auch schon wieder vorbei damit“.

Sollte es noch weiter so regnen stehe es unter Umständen nicht nur für die Feldfrucht selbst schlecht. „Auch die Befahrbarkeit der Felder wird dann zum Thema“, verweist Oestmann auf die Gefahr von Morastbildung. Auch wenn das vielleicht nicht jeder Kollege so sehe: „Unterm Strich ist der Regen aber noch immer mehr Segen als Fluch“, setzt Oestmann darauf, dass es ab der kommenden Woche besseres Wetter gibt.

Schimmel kann zu gefährlichen Mykotoxinen führen

Wenn im Roggen oder im Mais sich Schimmel breit macht, kann das schwerwiegende Folgen haben. Schimmelpilze können, wenn auch nicht zwingend, sogenannte Mykotoxine entwickeln, die sogar in geringer Dosis erheblich giftiger ist als Pestizide. In Nahrungs- und Futtermitteln angekommen, können Mykotoxine bei Mensch und Tier das zentrale Nervensystem angreifen, Krebs erregen und das Erbgut schädigen. Stoffe wie Aflatoxine, die auch in Mehltransportern schon nachgewiesen worden sind, schwächen das Immunsystem. 


Die Politik hat auf die Gefahr allerdings bereits reagiert. In EU-Richtlinien sind Grenzwerte zu den Giftstoffen festgelegt worden.

Bernhard Knapstein