Sozialbau wird wohl abgestoßen

Das sogenannte Ziegeleigebäude, in dem eher finanziell schwach gestellte Menschen leben, gehört noch der Gemeinde Wietzendorf, soll aber jetzt zum Verkauf freigegeben worden sein. Foto: bk

Am Donnerstagabend tagte der Wietzendorfer Gemeinderat auf dem Peetshof. Im Rat war die Freude auf das bevorstehende Honigfest, die Lust zum Feiern an diesem Wochenende spürbar. Und obwohl die Tagesordnung, auf der erstmals der Haushaltsentwurf 2024 stand, zügig und weitgehend einstimmig abgearbeitet wurde, gab es auch Themen, die sichtlich nicht jedem der Ratsherren und -frauen passten.

Der erste Haushaltsentwurf 2024 kam noch nachträglich auf die Tagesordnung. „Vorsicht, der ist gerade erst fertig geworden und frisch gedruckt“, freute sich Bürgermeister Jörg Peters nicht ganz zu unrecht. Wietzendorf ist seit Jahren im Altkreis Soltau stets die erste Kommune, die ihren Haushalt fürs Folgejahr auf den Weg bringt – und hat es auch diesmal wieder geschafft. Der Rat verwies den ersten Entwurf denn auch gleich in die Ausschüsse.

Einstimmige Zustimmung gab der Rat zwar auch für die 22. Änderung des Flächennutzungsplans und den vorhabensbezogenen Bebauungsplan 56 „Betriebserweiterung ASB Grünland“. Doch seitens der Unabhängigen Wietzendorfer blieb das nicht ohne Kommentierung. Es sei schon ärgerlich wenn wegen zweier nicht aufgeführter Sätze, die zuvor der Allgemeine Vertreter des Bürgermeisters, Patrick Kirstin, noch als nicht relevant bezeichnete, die Ausschüsse und der Rat unter Aufhebung vorheriger Beschlüsse das Verfahren noch einmal neu durchexerzieren müssten und eine Heilung auf Kreisebene nicht möglich sei. Diese Kritik traf ebenso die 23. Flächennutzungsplanänderung der Gemeinde zur „Erweiterung Heidefisch Meinholz“, denn auch hier gab es fehlende Hinweise ohne Relevanz, die aber eben in den öffentlich auszulegenden Unterlagen drin sein müssten, wie Kirstin erklärte.

Der Rat beauftragte schließlich bei zwei Gegenstimmen die Gemeindeverwaltung, die Planungen zur Ausweisung weiterer wenigstens 33,73 Hektar Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf drei Flächen parallel zum Dethlinger Teich in beratender Form zu beginnen. Die Gemeinde ist verpflichtet, 512 Hektar für diese Variante der Erneuerbaren Energien auszuweisen. Allerdings hatte der Verwaltungsausschuss zuvor den noch im Bauausschuss eingeplanten Ausschluss einer landwirtschaftlichen Mitnutzung der Flächen (Agri-Photovoltaik) wieder kassiert, da seitens der Landwirtschaft genau daran Interesse bestünde. Andreas Ebel wiederholte seine Befürchtungen, dass ohne landwirtschaftliche Nutzung die Flächen nach Rückbau der PV-Anlagen durch eine naturschutzbehördliche Neubewertung der Liegenschaften für die Bauern verloren gehen könnten.

Kosten für die Sanierung gehen in die Millionen

Zu einer munteren Debatte führte das in den sozialen Netzwerken kursierende Gerücht, die Gemeinde werde das sogenannte Ziegeleigebäude, in dem vor allem finanziell eher schwach gestellte Menschen leben, „verhökern“. Tatsächlich hat die Gemeinde den Verkauf des hochgradig sanierungsbedürftigen Objekts auf der Gemeinde-Website ausgeschrieben. Die Kosten für eine Sanierung gehen einer ersten Einschätzung nach in den siebenstelligen Millionenbereich.

Das Thema hatte zuvor schon auf der Bauauschusssitzung zu einem kleinen Eklat geführt, weil FDP-Ratsherr Ebel mit Blick auf die Bewohner zu einem Verkauf eine öffentliche Debatte einforderte, bis ihm Ausschussvorsitzender Jens Brokmann (Unabhängige) dazu entrüstet das Wort entzog. Im Rat verlauteten die Unabhängigen etwas lapidar, es sei nicht Aufgabe der Kommune Sozialbauten vorzuhalten.

Eine Anfrage der Böhme-Zeitung dazu wollte auch Bürgermeister Jörg Peters nicht vor dem Honigfest beantworten, obgleich der Rat dazu im nichtöffentlichen Teil der Sitzung dem Vernehmen nach auch eine Entscheidung gefällt haben soll. Zumindest im öffentlichen Teil der Debatte zeigte nur Ebel eine eindeutig ablehnende Haltung zu einem Verkauf.

Bernhard Knapstein