Start: Vor 2029 kein Ende in Sicht

Bus statt Bahn: Auf der Linie RB 37, die im Heidekreis Soltau und Munster verbindet, ein seit Wochen vertrautes Bild. Foto: ari

Wären die Bahnunternehmen Start Niedersachsen Mitte und Metronom Patienten, stünden ihre Betten auf der Intensivstation. Der von ihnen betriebene regionale Schienenverkehr im Städtedreieck Hamburg-Hannover-Bremen läuft nicht rund. Große Probleme bereiten die Verfügbarkeit von Zügen und Personal sowie teilweise auch der Zustand der Infrastruktur. Metronom hat jetzt die Notbremse gezogen und steigt, im Einverständnis mit der Niedersächsischen Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG), zum Juni 2026 aus dem Betreibervertrag für das sogenannte Hansenetz aus – sieben Jahre früher als vorgesehen (BZ vom 1. Februar: „Land will Vertrag mit Metronom aufheben“).

Das täglich von rund 80000 Fahrgästen genutzte Hansenetz umfasst aktuell die Strecken Hamburg-Bremen, Hamburg-Lüneburg-Uelzen, Uelzen-Celle-Hannover sowie Hannover-Göttingen. Bei der Neuausschreibung soll dieses Netz in kleinere Einheiten aufgeteilt und verschiedenen Betreibern zugeschlagen werden. Die Ausschreibungskonditionen dürften sich verändern, denn den letzten Zuschlag erhielt der Metronom, indem er die Konkurrenz durch ein Preisangebot ans Land ausstach, das Branchenkenner von Beginn an als wirtschaftlich schwer darstellbar bewerteten. Jetzt zeigt sich: Das Angebot war zu ambitioniert. Die Orientierung der LNVG allein am Preis wurde zum Bumerang.

Dass der Metronom jetzt die Reißleine zieht, statt im schlimmsten Fall in eine Insolvenz zu schlittern, bewertet Malte Diehl positiv. Wichtig sei, dass die Neuausschreibung der Strecken auch Verbesserungen für die Fahrgäste mit sich bringen wird, betont der Landesvorsitzende des Fahrgastverbands Pro Bahn mit Blick auf kürzere Taktzeiten in Richtung Hamburg und einen durchgehenden Regionalzug zwischen der Elbmetropole und Hannover, ohne Umstieg auf den oft heillos überfüllten Bahnhof Uelzen.

LNVG: Keine Gespräche über vorzeitige Vertragsauflösung

Ob der vorzeitige Ausstieg als Streckenbetreiber auch ein Weg für Start Niedersachsen Mitte sein könnte, vermag Diehl indes nicht zu sagen. Auch Start muss hohe Strafgelder an das Land zahlen, weil vertraglich zugesagte Leistungen oft nur mangelhaft erfüllt werden. So fährt das Unternehmen wegen Wartungsarbeiten an seinen Zügen auf der Linie RB 37 (Bremen-Soltau-Munster-Uelzen) seit Wochen einen ausgedünnten Fahrplan und setzt Ersatzbusse ein (BZ vom 16. Januar). Die zunächst bis Anfang Februar angekündigte Maßnahme wurde zwischenzeitlich bis zum 1. April verlängert. Ob sich Start Niedersachsen Mitte jedoch wie der Metronom in einer „wirtschaftlichen Schieflage“ befindet, die zu einem Rückzug führen könnte, ist schwer zu sagen. Diehl gibt zu bedenken, dass Start als hundertprozentige DB-Tochter über größere finanzielle Reserven verfügen dürfte.

Start selbst äußert sich gegenüber der BZ – wenig überraschend – nicht zu den eigenen wirtschaftlichen Verhältnissen. Auch die Frage, ob man mit der LNVG intern über die Möglichkeit einer vorzeitigen Vertragsauflösung spreche, lässt das Unternehmen unbeantwortet. Die Behörde allerdings verneint solche Gespräche auf Anfrage. „Die DB-Tochter Start hat das nötige Personal und mehr als die nötigen Fahrzeuge, um das Netz zu betreiben“, beharrt LNVG-Sprecher Dirk Altwig. „Start muss die Wartung in den Griff bekommen. Das ist die Lösung, die den Fahrgästen kurzfristig hilft.“ Die Situation beim Metronom sei eine andere. Dieses Unternehmen „erwartet durch eine vorzeitige Auflösung eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation“, so Altwig. Start dagegen habe bislang nicht um eine vorzeitige Vertragsauflösung gebeten. Theoretisch könnte das Land den Vertrag auch einseitig aufkündigen, abgemahnt ist Start Niedersachsen Mitte bereits. Doch die LNVG hat mehrfach klargestellt, einen solchen Schritt unbedingt vermeiden zu wollen. Regulär läuft der Vertrag erst Ende 2029 aus.

Pro Bahn erneuert derweil seine Forderung nach einem härteren Vorgehen gegen Start, „bis hin zur Kündigung“. Die Situation im Heidekreuz sei weiterhin „unzumutbar“, klagt der Verband. Hauptproblem sei nach wie vor die unzulängliche Organisation der Fahrzeugwartung. „Die Kommunikation gegenüber den Fahrgästen war in den letzten Monaten noch dazu ein Desaster und muss Konsequenzen haben“, nennt der Pro-Bahn-Landesvorsitzende einen weiteren kritischen Punkt. „Obwohl Start Niedersachsen-Mitte wissen musste, dass die Probleme länger andauern werden, hat man bis ins neue Jahr gewartet, um einen Ersatzfahrplan aufzustellen, der wenigstens eine minimale Planungssicherheit bietet“, fährt Diehl fort. „Wenigstens mogelt man sich jetzt nicht wie letzten Sommer irgendwie durch, sondern gibt gleich zu, dass man vor Ostern nicht regulär fahren können wird. Gleichzeitig fallen aber trotz des reduzierten Fahrplans immer noch Fahrten wegen Personalmangels aus – dafür fehlt uns bei bereits verringertem Angebot jedes Verständnis.“