Sanierung: „Weinligstraße ist am dransten“

Immer wieder wird die Weinligstraße in Soltau oberflächlich saniert. Doch das reicht nicht, eine Grundsanierung wäre längst fällig. Nun sollen zumindest die Kosten dafür ermittelt werden. Foto: at

Den Zustand der Weinligstraße beschreibt ein naher Anwohner am Lesertelefon der Böhme-Zeitung als Katastrophe. Ortskundige würden sie inzwischen meiden, statt diesem Verkehrs- lieber einen Umweg in Kauf nehmen. Da müsse unbedingt etwas passieren. Die Situation sei auch für Radfahrer gefährlich. "Die Weinligstraße ist am dransten“, so der Leser zur Priorität.

Um die Weinligstraße geht es nun schon seit gut einem Jahrzehnt. An ihr, die Anlieger-, aber für viele Autofahrer auch Durchgangsstraße ist, um beispielsweise die geschlossenen Schranken an der Walsroder Straße zu umfahren, entzündete sich die politische Auseinandersetzung im Soltauer Stadtrat zur Straßenausbaubeitragssatzung.

Die "Strabs" ist mittlerweile ersatzlos mit den Stimmen von CDU, Bürgerunion/FDP und AfD abgeschafft. Mit gutem Willen werde man auch so Straßenerneuerungen finanzieren können, hieß es im Dezember 2022.

Kein Geld im Haushalt

Im Haushalt der Stadt für dieses Jahr ist jedoch kein Geld für eine Erneuerung einer Kommunalstraße eingestellt. Überhaupt hat Soltau Schwierigkeiten, notwendige Investitionen aus Eigenmitteln zu stemmen, und hat aus diesem Grund Steuererhöhungen beschlossen.

Baukosten prüfen

Nun hat die SPD-Fraktion, die, wie von der Verwaltung empfohlen, gegen die Strabs-Abschaffung gestimmt hatte, einen Antrag zumindest zur Prüfung der Baukosten gestellt. Der Bauausschuss wird sich in einer der nächsten Sitzungen damit befassen und vermutlich wird es für den Antrag auch aus den Reihen der anderen Fraktionen Zustimmung geben.

Klar ist aber: Auch wenn man weiß, was die umfassende Erneuerung der Straße kosten wird, die Bauarbeiten könnten weiter auf sich warten lassen.

Das sei keine Aktion, die anderen Fraktionen, die die ersatzlose Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung befürwortet haben, vorzuführen, versichert SPD-Fraktionschef Birhat Kaçar. Ihm gehe es um Politik für Menschen, die „an den Straßen wohnen“.

Dabei zählt er nicht nur die Weinligstraße zu den dringenden Sanierungsfällen, sondern auch die Krumme Rieth. „Da muss dringend gehandelt werden." Kaçar fordert, als Stadt lieber dort zu investieren als in „alte kaputte Gebäude“. Welche er damit genau meint, das will er nicht sagen, das sei nicht öffentlich.

Dennoch fürchtet er, dass es wegen der Strabs-Abschaffung auch in fünf bis zehn Jahren keine Sanierung geben wird. Zunächst gehe es darum, die Auswirkung auf den Haushalt zu ermitteln, um dann zu entscheiden, was machbar ist.

Unterstützung bekommt er dafür von der Gruppe BU/FDP, der CDU und den Grünen: „Das ist die Nagelprobe, aber keine Entscheidung über die Sanierung“, so Grünen-Fraktionsvorsitzender Christian Wüstenberg.

Dr. Hans Willenbockel, Gruppensprecher der BU/FDP im Soltauer Stadtrat, beschäftigt diese Frage schon seit zehn Jahren und ihre Beantwortung wurde auch nicht in Angriff genommen, als es noch eine Straßenausbaubeitragssatzung gab. „Man wollte die Leute nicht belasten“ und habe den Anwohnern finanziell nicht entgegenkommen dürfen. Da sei man nicht frei in der Entscheidung gewesen.

Dabei sei die Straße keine Anlieger- sondern längst eine Durchgangsstraße – ähnlich der Tetendorfer Straße. Nur würden dort aufgrund der Einordnung als Kreisstraße die Anlieger für die reine Straße nicht zur Kasse gebeten, wie es bis zur Strabs-Abschaffung in der Weinligstraße vorgegeben gewesen wäre. „Das ist weder gerecht noch sozial.“ Aber natürlich sei eine Sanierung erforderlich, daher sei es eine gute Idee, zunächst zu ermitteln, was das kosten würde.

Kommunen finanziell besser ausstatten

Aber auch dann ist für Willenbockel nicht klar, ob das Bauvorhaben tatsächlich in Angriff genommen werden wird. Die Kommune sei dafür finanziell nicht gut genug ausgestattet, sieht der Gruppensprecher die Verantwortung bei Bund und Land.

Die Stadt müsse beispielsweise bei den Kosten der Kinderbetreuung entlastet werden, dann wäre auch Geld für Gemeindestraßen da. Eine Zwickmühle, gibt er zu, weil die Forderungen an Landes- oder Bundesebene ungehört verhallen. „Wir können aber bei den kommunalen Steuern nicht bis ans Ende gehen“, fordert er ein Umdenken der Berufspolitik.

Daher bleibe im Kommunalen nur die Möglichkeit, die Schwerpunkte bei Investitionen zu verschieben. Doch auf neue Schulen und Sportplätze könne Soltau nicht verzichten. Dennoch sieht er bei anderen – wiederum freiwilligen Aufgaben – Spielraum.

Beispielsweise bei Projekten, die nun im Rahmen des Förderprogramms „Resiliente Innenstädte“ diskutiert würden. Aktuell wurden im Stadtrat nur zwei von vier vorgesehenen Projekten beschlossen.

Gestoppt wurde das Vorhaben für einen „Soltau Pavillon“, der als Begegnungsort für generations- und kulturübergreifenden Lernen und Arbeiten gedacht war. Er sollte in der Nähe der Bibliothek aufgestellt werden. Auch das Vorhaben „Klippo Soltau“ als zentraler Dreh- und Angelpunkt für Angebote soziokultureller Akteure wurde nicht unterstützt. Beide Projekte sollen möglicherweise nachgebessert werden.

Fördermittel den Kommunen überlassen

Da könne man schnell eine Million an Ko-Finanzierung sparen und dafür lieber die Straße sanieren, findet Willenbockel. Er fordert zudem, Fördermittel ohnehin direkt den Kommunen zu überlassen.

Diese könnten viel besser darüber entscheiden, was für ihre Entwicklung wichtig sei. „Letztlich sind das alles unsere Steuergelder. Aber in dem Fall heißt es, für marode Straßen kriegen wir das Geld nicht.“

Die Grünen sind laut ihrem Fraktionschef Christian Wüstenberg sehr gespannt, was nun in Sachen Weinligstraße beschlossen wird. Es sei die „Nagelprobe“, wie man solch ein Projekt mit einem defizitären Haushalt finanziere. Für ihn stehe fest, dass die Sanierung auch im Hinblick auf die Verkehrssicherheit längst überfällig sei.

Die Grünen haben sich dazu abgestimmt, die Straße bei einer Sanierung vorwiegend als Fahrradstraße ausweisen zu wollen. In Sachen Fahrradverkehr müsse man in Soltau vorankommen, der Verkehrsweg eigne sich als Teil einer sternförmigen Zuleitung von außen in die Innenstadt. Letztlich sei es nun wichtig, zunächst die Kosten zu ermitteln.

Für die CDU ist das ebenfalls Voraussetzung, wie Fraktionschefin Heidi Schörken betont. Dennoch hätten für die Christdemokraten die Projekte wie der Neubau der Grundschulen sowie der Sportplätze Priorität. Das müsse zunächst umgesetzt werden. Ansonsten müssten Verwaltung und Politik alle sonst nötigen Investitionen auflisten und nach Prioritäten ordnen. Darüber müsse gesprochen werden, so Schörken.

Strabs ist Geschichte

Im Dezember 2022 hatte die Stadt Soltau die Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) abgeschafft. Vorausgegangen war ein langwieriger politischer Schlagabtausch über gut fünf Jahre. Am Ende stimmten BU/FDP, CDU und AfD für die Abschaffung. Sie bezeichneten die Strabs als "durchweg ungerecht", zudem wären in der aktuellen finanziellen Situation viele Bürger nicht in der Lage, sich diesen Beitrag zu leisten.

Die SPD indes hatte auf die schwierige Haushaltslage der Stadt verwiesen und angesichts derer betont, dass man auf diese Einnahmen nicht verzichten könne. Die Grünen hatten einen eigenen Vorschlag eingebracht und für wiederkehrende Beiträge in größeren Quartieren für Straßensanierungen geworben, um die Kosten auf mehr Schultern zu verteilen.