Für Insekten die Kunst des Striegelns weiterentwickeln

Im Einsatz für die Insekten sind (von links) Volker Schwesig, Jan Meyerhoff und Harald Meyer. Sie wollen mit dem Finke-Projekt in fünf Jahren die Biodiversität der Felder verbessern. Foto: vo

Im Einsatz für die Insekten sind (von links) Volker Schwesig, Jan Meyerhoff und Harald Meyer. Sie wollen mit dem Finke-Projekt in fünf Jahren die Biodiversität der Felder verbessern. Foto: vo

Dem Dinkel, der hier auf einer Fläche der von den Landwirten Volker Schwesig und Harald Meyer betriebenen SMW-Pflanzenbau bei Dorfmark heranwächst und in einigen Wochen geerntet werden soll, sieht man es nicht unbedingt an: Quer über den Acker verläuft ein Grenze.

Der Bestand auf der einen Seite wurde konventionell behandelt, in der anderen Hälfte wurde der Einsatz von Chemie weitgehend vermieden und Beikräuter mechanisch bearbeitet.

Die Fläche nahe der Kreisstraße Dorfmark – Riepe ist Teil des Finka-Projekts – Förderung von Insekten im Ackerbau. Darin engagieren sich Landwirte, Wissenschaft und Beratung, um Wege gegen das Insektensterben zu finden, das in den vergangenen Jahren ein bedrohliches Ausmaß angenommen hat. Gefördert durch das Bundesprogramm Biologische Vielfalt verfolgt es das Ziel, die Biodiversität auf Ackerflächen zu erhöhen.

30 konventionell wirtschaftende Landwirte verzichten für mehrere Jahre auf einem Teil der von ihnen zur Verfügung gestellten Versuchsfläche auf den Einsatz von chemisch-synthetischen Insektiziden und Herbiziden gegen Insekten und Wildkräuter, im anderen Bereich wird „normal“, konventionell geackert.

Dabei werden sie von ökologisch arbeitenden Berufskollegen aus ihrer Region beraten, mit denen sie jeweils ein Betriebspaar bilden. Diese stellen bei Bedarf Arbeitsgeräte zur Verfügung, wie zum Beispiel einen Striegel, um das Ackerbeikraut, wie sie es nennen, mechanisch eindämmen zu können. Gemeinsam gehen sie in einen fachlichen Austausch darüber, wie der Verzicht auf diese Pflanzenschutzmittel betriebswirtschaftlich und arbeitstechnisch umgesetzt werden kann und wie sich das auf die Erträge auswirkt.

30 Betriebspaare gebildet

Die 30 Betriebspaare arbeiten bis Ende 2025 zusammen. Die Zahl der Projektteilnehmer ist auf 60 begrenzt. Das Interesse war erheblich größer. „Wir hatten mehr als 140 Bewerbungen“, berichtete Leen Vellenga vom niedersächsischen Kompetenzzentrum Ökolandbau bei einem Finka-Feldtag auf der Fläche der SMW-Pflanzenbau von einer großen Resonanz.

Die beiden Dorfmarker Landwirte bilden mit dem Rieper „Ösenhof“-Ökobetrieb von Jan Meyerhoff bei diesem Projekt eines von zwei Betriebspaaren im Heidekreis. Ein weiteres besteht aus Constantin Precht, der im vergangenen Jahr die Umstellung seines Frielinger Betriebs von konventioneller Bewirtschaftung auf „Bio“ abgeschlossen hat, und dem Hof von Iris und Bertram Moritz aus Amtsfelde.

Vor Ort beraten Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer die Landwirte bei Fragen der Feldbewirtschaftung. In dem Projekt wird zusätzlich untersucht, wie sich die geänderte Bewirtschaftungsweise auf die Ackerbegleitpflanzen und damit auch auf die Insektenvielfalt auswirkt. Mit speziellen Fallen, Nisthilfen und Kameras werden Insekten auf den Versuchsflächen bestimmt, um die Veränderung in Anzahl und Art der hier vorkommenden Arten beobachten zu können.

Wissenschaft will es wissen

Wissenschaftliche Begleitung bieten Professor Dr. Stefan Meyer von der Universität Göttingen und Dr. Svenja Bänsch vom Zoologischen Forschungszentrum Bonn. Letztere kümmert sich um die Ermittlung der Insektenvielfalt, beprobt die verschiedenen Gruppen der Krabbler und Käfer. Meyers Part ist die Analyse der Ackerbegleitflora in festgelegten Zeitabschnitten. Jährlich begeht er die Flächen und listet Veränderungen der Flora sowie der Blütendichte an verschiedenen Ackerabschnitten auf – am Rand, in der Mitte und an weiteren festgelegten Bereichen.

In seiner Art und dem Umfang sei das Finka-Projekt bundesweit einmalig, sagt Meyer und ergänzt mit Hinweis auf die Problematik des Insektensterbens „auch überfällig“: Um die Entwicklung zu bremsen und die Insekten auf den Äckern zu halten, müsse man ihnen Angebote machen, Nahrungsgrundlagen bieten. „Dazu brauchen wir eine Mindestblütenvielfalt“.

Um das zu erreichen, gebe es viele Paramater, die beachtet werden müssten, sagt der Praktiker Jan Meyerhoff, angefangen von der Wahl des passenden Saatguts und seiner Ausbringung bis zur Bodenbearbeitung mit dem Striegel. Die mechanische Behandlung schone die Biodiversität des Bodens, könne aber auch die Bodenflora beeinträchtigen.

Meyerhoff verweist auf den mechanischen Fortschritt, der eine schonendere Behandlung der Ackerkrume möglich mache. Er spricht in diesem Zusammenhang von der „Kunst des Striegelns“, die es zu entwickeln gelte, um den Einsatz des Ackergeräts möglichst gering zu halten: „Man muss den richtigen Zeitpunkt finden.“

Verbund mit vielen Partnern

Verbundpartner im Finka-Projekt sind das Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen, das Netzwerk Ackerbau Niedersachsen, das Landvolk Niedersachsen sowie das Zoologische Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn und die Georg-August-Universität Göttingen. Finka wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit sowie dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz mit Mitteln des niedersächsischen Landwirtschafts- sowie des Umweltministeriums. Weitere Informationen zum Projekt gibt es auf www.finka-projekt.de.