Beamtenverbände: Julia Willie Hamburg muss sich Leviten lesen lassen

Julia Willie Hamburg stellt als neue Kultusministerin ihren 6-Punkte-Plan zur Aufwertung der Berufsbildenden Schulen und einer besseren Berufsorientierung bereits an Schulen vor. Foto: bk

Im Rahmen der Delegiertenversammlung des niedersächsischen Berufsschullehrerverbands (BLVN) im Hotel Park Soltau gab die stellvertretende Ministerpräsidentin und Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) einen Sechs-Punkte-Plan zur Stärkung der Berufsschulen bekannt. Dazu zählte sie unter anderem eine Fachkräfte-Initiative und die Förderung multiprofessioneller Teams.

Ministerin Hamburg will Digitalpakt 2.0

„Die A 10-Besoldung auch für Fachpraxiskräfte ist bereits in Arbeit − das wird kommen“, versprach sie. Zudem wolle sie die von ihrem Vorgänger bereits eingeleiteten Zukunftsschulen, die eigenverantwortliche Agilität der Berufsschulen (BBS) und die Kooperation mit der Wirtschaft stärken.

Als dritten Punkt nannte sie das Thema Regionalmanagement, über welches das sich verändernde Schulwahlverfahren zugunsten einer besseren Berufsorientierung gestärkt werden solle. Zudem reiche beim Thema Digitalisierung der Digitalpakt nicht aus. „Sie haben sehr spezielle Bedarfe, wir wollen uns da einbringen.“ Hamburg sprach von einem „Digitalpakt 2.0“, erbat sich bei den Beamten allerdings auch Geduld. „Veränderungen sind dicke Bretter, das geht nicht von heute auf morgen.“

Scharfe Kritik

Alexander Zimbehl vom Niedersächsischen Beamtenbund kritisiert zu niedrige Besoldung, die zum Teil verfassungwidrig sei.

NBB klagt verfassungswidrige Beamten-Besoldung an

Scharfe Kritik musste sich Ministerin Hamburg vom Vorsitzenden des Niedersächsischen Beamtenbundes, Alexander Zimbehl, anhören. Die A 10-Alimentierung reiche nicht aus, die Wirtschaft „fischt unsere Fachkräfte ab“. In einem Steuerberaterbüro könne ein Finanzbeamter leicht das Doppelte verdienen, so Zimbehl. Insbesondere aber nannte er die seit dem Jahr 2005 schwelende Forderung, die „verfassungswidrige“ Unterbesoldung zu beenden. Es bestehe ein verfassungsrechtlicher Anspruch für Beamte, dass der Abstand zwischen der sozialen Grundsicherung und der Besoldung wenigstens 15 Prozent betragen müsse. „Wir haben aber eine relative Unteralimentierung bis in den Bereich von A 11 hinein.“ Bei A 8 sei es sogar eine absolute Unteralimentierung für eine Standardfamilie mit zwei Kindern. Berlin und Nordrhein-Westfalen hätten sich der Rechtsprechung gebeugt, Hessen warte höchstrichterlichen Druck gar nicht erst ab, sondern führe die Besoldung wieder auf ein höheres Niveau.

Mit Blick auf den anstehenden Winter und die steigenden Coronazahlen zeigte BLVN-Vorsitzender Ralph Böse zwar Verständnis für notwendige Maßnahmen, forderte aber die Ministerin auf, etwaige Corona-Verordnungen mit Vorlauf in die Welt zu setzen. „Erlasse, die am Wochenende herausgehen – vorzugsweise am Sonntagabend – können einfach nicht unmittelbar am darauffolgenden Montag in praktisches Handeln verwandelt werden.“ Ein „bereits 2019 fertig ausgehandelter“ und beschlossener und vom Kultusministerium abgesegneter Mehrpunkteplan zur Entlastung von Funktionsstelleninhabern und Schulleitungen sowie eine Besserstellung bei den Anrechnungsstunden sei versprochen. „Aber bis heute hat sich hier nichts getan“, kritisierte Böse.

BLVN - Verband der Berufsschullehrer

Der Berufsschullehrerverband Niedersachsen (BLVN) setzt sich für die Interessen, Wünsche und Belange von BBS-Lehrkräften, Referendaren und weiterem Personal gegenüber dem Dienstherrn sowie anderen Institutionen ein. Der Verband fordert unter anderem die Weiterentwicklung der dualen Berufsbildung, die Verbesserung des Lehrerberufs und mehr Leitungszeit für Führungskräfte in der eigenverantwortlichen Schule. Weitere Infos: www.blv-nds.de. bk