Keine Panik, aber vorbereitet sein

Vier Tage Beratung unter Berücksichtigung der Coronabedingungen: Mitglieder des Landkreis-Katastrophenschutzstabes tagen im Lagezentrum der Kreisverwaltung.

Die Katastrophe fand in der vergangenen Woche im Saal statt. Im Lagezentrum im Keller der Kreisverwaltung in Bad Fallingbostel hat sich der Katastrophenschutzstab des Landkreises vier Tage lang mit Lösungen und Herangehensweisen für eine Vielzahl an möglichen Herausforderungen für den Fall beschäftigt, dass der Strom über einen Zeitraum von mehreren Tagen ausfällt oder kein Gas mehr durch die Leitungen strömt. Oder beides sogar zeitgleich. Das Szenario ist zum Glück nur fiktiv, aber mitnichten unrealistisch, wie der russische Überfall auf die Ukraine mit seinen Auswirkungen auf die Energieversorgung zeigt.

Mangellagen sind ein permanentes Thema

„Energie-Mangellagen“ sind ständiges Thema beim Katastrophenschutz. Bereits seit einiger Zeit spielt eine dafür Projektgruppe unter der Leitung von Julian Reinsberg von der Landkreis-Fachgruppe Brand- und Katastrophenschutz, Rettungsdienst denkbare Konstellationen bis in die Tiefe durch.

„Es besteht kein Grund zur Panik“, betonte Landrat Jens Grote bei einem Pressegespräch nach Abschluss der Vier-Tage-Notfallübung. Aktuell seien weder bei der Gas- noch bei der Stromversorgung bedrohliche Szenarien in Sicht. Aber man müsse dafür gewappnet sein. Der Krieg in der Ukraine mit seinen Folgen – reduzierte Gaslieferungen und Sabotage an Ostsee-Pipelines – habe Brisanz in die Angelegenheit gebracht. Die Frage, wie die Gesellschaft dafür aufgestellt sein muss, werde nicht nur in den Medien gestellt, sondern in allen Bereichen.

In zwei Schichten hatten sich insgesamt 65 Teilnehmer jeweils zwei Tage lang mit der Beantwortung vieler Fragen dazu befasst: Was gilt es zu regeln, wenn der Strom über mehrere Tage ausfällt oder kein Gas mehr strömt? Die Liste der Schlagwörter reichte von sogenannten „Leuchttürmen“ als Anlaufpunkt für die Bevölkerung in ihren Wohnorten über Treibstofflogistik für Notstromaggregate bis hin zu Notfallplänen für Industrie, Gesundheitsversorgung, Sicherheit und die Landwirtschaft.

Als Katastrophenschutzbehörde gilt es dabei, den Betrieb der kritischen Infrastruktur im Landkreis, wie die mit der Abwehr von Gefahren betrauten öffentlichen BOS-Einrichtungen – das Gesundheitswesen und wichtige Ver- und Entsorger sicherzustellen. Dafür musste insbesondere der Treibstoffbedarf für Notstromaggregate und Netzersatzanlagen ermittelt und darüber hinaus ein Konzept erstellt werden, nach dem der Kraftstoff mit Tankwagen von einem überregionalen Tanklager abgeholt und an die kritische Infrastruktur zu verteilen war.

Als solche ordnet das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Einrichtungen, Anlagen oder Teile davon ein, die den Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen sowie Siedlungsabfallentsorgung angehören. Deren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung könnten erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit bedeuten.

Darüber hinaus ging es um die Versorgung von heimbeatmeten Personen und Personen mit Kunstherz, die ohne Stromversorgung keine Überlebenschance hätten und in Einrichtungen mit gesicherter Stromversorgung unterzubringen waren. Aufgrund der gleichzeitig auftretenden Gasmangellage mussten in den Gemeinden „Wärmestuben“ und aufgrund des drohenden Ausfalls der Kommunikation über Telefon- und Handynetze sogenannte „Leuchttürme“ eingerichtet werden, wo sich die Bevölkerung informieren und Hilfe anfordern konnte. Auch Probleme im Bereich der Tierhaltung in der Landwirtschaft, aber auch in Tierparks mussten bedachtgelöst werden.

Auch wenn es sich um eine theoretische Stabsrahmenübung mit der Bewältigung angenommener Szenarien handelte, bei der keine Fahrzeuge rollten oder Dieselbehälter bewegt wurden, gab es Kontakte mit der realen Welt. Unangekündigt konfrontierten die Teilnehmer Unternehmen mit der fiktiven Annahme, dass ihre Energieversorgung abgeschaltet werde. Auch die Frage nach Gegenstrategien, dem Plan B, wie auf die unerwartete Notfalllage reagiert werde, wurde gestellt. „Die Anrufe lösen was aus“, ist Grote sicher. Zu einigen Angerufenen werde der Landkreis erneut Kontakt aufnehmen, um das Notfallszenario nachzujustieren.

Aktuell ist ein Runder Tisch damit befasst, zusammen mit Vertretern der Kommunen konkrete Standorte für „Wärmestuben“ und „Kat-Leuchttürme“ festzulegen. Im Kern geht es darum, Anlaufpunkte zu schaffen, die der Bevölkerung Informationen, Verpflegung und Schutz bieten können, wenn das Kommunikationsnetz ausfällt, Telefon, Rundfunk und Internet nicht mehr funktionieren. Dort soll es Möglichkeiten geben, medizinische und andere Notfälle aufzunehmen und Notrufe abzusetzen, die dann an die unteren Ebenen weitertransportiert werden müssten, gegebenenfalls auch per Boten. „Die Städte und Gemeinden wissen, dass sie sich darum kümmern müssen“, so der Landrat.

"Jeder Einzelne muss vorsorgen"

Gleichwohl müsse festgehalten und der Bevölkerung vermittelt werden, dass sich die Katastrophenschutzbehörden bei derartigen Not- oder Mangellagen nur um den Weiterbetrieb der kritischen Infrastruktur und um wirkliche Notfälle kümmern könnten. Jeder Einzelne sei aufgefordert, sich so weit wie möglich selbst vorzubereiten, Vorsorge zu treffen und Vorräte anzulegen. Wasser- und Nahrungsvorräte für zehn Tage empfiehlt Ralf Bahlo, Fachgruppenleiter Brand- und Katastrophenschutz, Rettungsdienst. Auch wenn man noch analysieren müsse, zieht der Landrat ein positives Fazit der vier Tage im Keller. Die Teilnehmer seien gut vorbereitet und hätten die Herausforderungen gut abgearbeitet. Die Sensibilität für die Thematik sei geschärft worden, ist Grote sicher. Und: „Jetzt gehen wir gehen entspannter durch den Winter.“

246 Sirenen im Heidekreis ausgelöst

Im Rahmen des bundesweiten Warntags am Donnerstagvormittag sind nach Angaben des zuständigen Fachbereichsleiters bei der Kreisverwaltung, Karsten Mahler, ims Heidekreis 246 Sirenen ausgelöst worden. Es lägen noch noch nicht alle Rückmeldungen vor. Laut Stand von Freitagmittag könne man von einer sehr geringen die Fehler- und Ausfallquote ausgehen. Bei den Sirenen handele es sich zum allergrößten Teil um ältere Sirenen. Zwei moderne Anlagen mit denen auch Warnungen und Durchsagen für die Bevölkerung gegeben werden können, seien bisher lediglich in Oerrel im Zuge der Vorbereitungen für die Sanierung des Dethlinger Teiches installiert worden. Angestrebt sei eine Modernisierung durch Mittel aus dem Sirenen-Förderprogamms des Bundes.