Mord vor 30 Jahren: Wer erschoss Ekkehard Dell?

Im Ehrenmal der Bundeswehr in Berlin wird der im Dienstes verstorbenen Bundeswehrangehörigen gedacht, einer von ihnen ist Ekkehard Dell. Foto: ari

Der Name Ekkehard Dell ist in Munster fast vergessen. Seiner gedacht wird an anderer Stelle, im Ehrenmal der Bundeswehr am Rande des Bendlerblocks in Berlin. Dort, im Buch des Gedenkens, dessen Seiten kalte Bronzetafeln sind, stehen die Namen der Toten der Bundeswehr. Dell ist einer von ihnen.

Er war junger Soldat, als er vor 30 Jahren in der Hindenburg-Kaserne in Munster ermordet wurde. Dreimal schoss ein Unbekannter auf ihn, aus nächster Nähe. Zwei Kugeln bohrten sich in die Brust des 21-jährigen Obergefreiten, eine dritte mit tödlicher Wirkung in den Kopf. Die Tat geschah irgendwann zwischen Dienstantritt am Abend des 29. Februars 1992 und der Wachablösung am Sonntagmorgen um 6 Uhr. Nicht nur der genaue Todeszeitpunkt ist ungeklärt. Das Verbrechen gibt bis heute Rätsel auf.

Dell soll seinem Mörder die verschlossene Tür zum Kasernengelände selbst geöffnet haben und noch im Eingangsbereich erschossen worden sein. Dort wurde seine Leiche um 6 Uhr entdeckt. Der Staatsanwalt wird später von einer „exekutionsähnlichen Situation“ sprechen. Die Tatwaffe der Marke Browning ist bis heute nirgends aufgetaucht.

Dell stammte aus Hannover und war als Unteroffizier vom Dienst beim 1. Panzergrenadierlehrbataillon 92 in Munster stationiert. Wer könnte ein Motiv gehabt haben, ihn so kaltblütig zu ermorden? Die Ermittler tappen nach drei Jahrzehnten immer noch im Dunkeln. Hinweise auf eine Beziehungstat gibt es nicht. Zeitweise gingen die Ermittler daher von einer Verwechslung aus. Der Täter habe gar nicht Dell ermorden wollen, so die These. „Hierfür haben sich jedoch ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte ergeben“, so Jan Christoph Hillmer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lüneburg.

Späterer Polizistenmörder war mit Dell in Munster stationiert

Bleibt die Möglichkeit eines vom Opfer als Person losgelösten, politischen Motivs. Ein erster Hinweis in diese Richtung erreichte die Ermittler im Juni 2000. Damals erschoss der Neonazi Michael Berger in Dortmund und Waltrop drei Polizisten und anschließend sich selbst. Daraufhin meldete sich eine Anruferin bei der Polizei und berichtete, dass Berger acht Jahre zuvor als Soldat in Munster stationiert gewesen sei – zu jener Zeit, als dort ein nie aufgeklärter Mord geschah.

Die Angaben der Frau entsprachen der Wahrheit. Aber eine Täterschaft Bergers im Mordfall Dell konnte nicht nachgewiesen werden. Ein Spurenabgleich brachte keinen Treffer. Zudem bewerteten die Dortmunder Ermittler die Polizistenmorde trotz der rechtsextremen Gesinnung des Täters nicht als politische Tat.

Sieben Jahre später taucht der Name Berger im Abschlussbericht des Düsseldorfer Untersuchungsausschusses zu den NSU-Morden auf. Der Bericht erschüttert nachhaltig das Bild vom unpolitischen Täter und legt nahe, dass Berger schon während seiner Zeit in Niedersachsen einen tiefen Hass auf staatliche Ordnungskräfte hegte. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg prüft, den 30 Jahre alten Mordfall noch einmal ganz neu aufzurollen.