Veerse wieder im natürlichen Bachbett

Detlef Lerch und Martina Nachreiner verschaffen sich einen Eindruck von der Ausgleichsfläche südlich des erweiterten Gewerbegebiets. Foto: jul

„Es ist schön, der Natur so unmittelbar etwas zurückzugeben“, sagt Bauamtsleiter Detlef Lerch mit Blick auf die Veerse. Im Zuge der Ausgleichsmaßnahmen für den voranschreitenden Ausbau des Gewerbegebiets Süd in Schneverdingen wurde ihr ein neues Bachbett angelegt. Auf einer Strecke von rund 400 Metern haben Wasserbauer der Firma Mittelweser Tiefbau das begradigte Fluss-Stück im Oberlauf zwischen dem Bahndamm und dem Hemsener Weg kräftig bearbeitet. Geplant wurde es vom Ingenieurbüro Helmut Heuer-Jungemann, einem Büro für ökologisch begründeten Wasserbau aus Nienwohlde. Martina Nachreiner, für Umweltanliegen der Stadt zuständig, ist hochzufrieden mit dem Unternehmen, das sehr zügig gearbeitet habe. Rund vier Wochen hat die Maßnahme mit einem veranschlagten Kostenvolumen von 182 000 Euro gedauert. Autofahrern ist dies am Rande aufgefallen, da es in der kleinen Talsohle im Hemsener Weg eine vorübergehende Tempo-Drosslung gab.

Senken helfen beim Starkregenereignis

Das entschleunigte Bachbett ist bereitet: Nun kann sich die Natur wieder die Fläche zurückerobern. Den Arbeitern sei es tatsächlich schwer gefallen, dass Gebiet so zu hinterlassen, sagt Nachreiner mit Blick auf die aufgewühlte Erde in den Senken, die dem Wasser bei einem Starkregenereignis Platz geben sollen. Doch dies ist gewollt, um Pflanzen und Tieren bei der Wiederansiedelung zu unterstützen. Struktur hilft dabei. Deshalb sind unterschiedliche Materialien in Stufen angelegt: Nicht nur Sand und Erde, sondern auch ein Kiesbett. Insbesondere für die Wirbellosen sei das wichtig. Libellen sollen sich wohlfühlen, aber auch so genannte Eintagesfliegen. Auch Fischotter brauchen trockene Plätze durch eine Flussbett, damit sie es durchwandern.

Steile Uferböschung

An dem von Menschenhand gemachten begradigten Flusslauf sei problematisch gewesen, dass sich die Erosion immer weiter vertieft habe. Dadurch nehme die Fließgeschwindigkeit zu. Durch die steile Uferböschung habe es immer wieder Abbrüche gegeben, auch die Versandung war hinderlich, so Nachreiner. Sie hofft, dass sich die Erle schnell die Plätze erobert, um der Veerse Halt zu geben und wieder Schatten zu spenden. Noch grenzt ein Amphibienschutzzaun das naturnah gestaltete Gelände zu den Tiefbauarbeiten im Gewerbegebiet ab. Im Frühjahr, als noch sehr viel Wasser auf den abschüssigen Flächen stand, haben die Mitarbeiter der Lewatana Consulting Biologists aus Rullstorf bei Lüneburg knöcheltief im Wasser gestanden, so Nachreiner. Angesichts der anhaltend langen Trockenheit im Sommer sind die Bilder von dem regenreichen Frühjahr in den Hintergrund gerückt. Der Zaun solle den Kröten auch Orientierung bieten, damit sie lernen, in der nächsten Laichsaison die Veerse neu zu entdecken und Abstand vom Gewerbegebiet zu nehmen.

Kein Park

Das renaturierte Gebiet an der Veerse wird durchaus zugänglich für Menschen sein. So könnten dort Anwohner vom Gallhorner Weg oder Mitarbeiter der Betriebe dies für eine Erholungspause nutzen. Aber es sei nicht mit einer Anlage wie dem Walter-Peters-Park vergleichbar, so Nachreiner. Die Natur solle Oberhand behandeln.

Veerse-Flusslauf nimmt Ursprung im Pietzmoor

Die Veerse entspringt im Pietzmoor, genauso wie die Böhme. Sie mündet in der Wümme, die wiederum in die Weser übergeht. Die Böhme fließt zur Aller, die auch in die Weser fließt. Die Veerse gehört zu den artenreichsten Bächen im Einzugsgebiet der Wümme zwischen Schneverdingen und Bremen. Der Oberlauf wurde in den 70er-Jahren begradigt und aufgestaut. Doch die Artenvielfalt stehe auf wackeligen Füßen, heißt es in einer Broschüre des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Sie leide unter der Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung in der unmittelbaren Nähe des Baches. Als Folge des Ackerbaus gibt es mehr Sandfracht in dem Bach, der Tier- und Pflanzenarten Lebensraum nimmt. In Lünzen ist schon ein Erfolg der Renaturierungsbemühungen wahrnehmbar. Das Wasser käme nicht mehr schwallartig nach starken Regenfällen im Ort an.