Bürokratie und Rotlicht passen nicht zusammen

Pandemie und Prostituiertenschutzgesetz überstanden: Lovemobile bleiben im Heidekreis ein vertrauter Anblick. Foto: ari

„Die Zeit der Lovemobile scheint abgelaufen“, prognostizierte die Böhme-Zeitung vor genau fünf Jahren, am 7. Februar 2018. Eine Fehlannahme, wie sich rückblickend zeigt. Die zwischenzeitlich pandemiebedingt verschwundenen Prostitutionsfahrzeuge gehören wieder zum Straßenbild. Auch in den Polizeimeldungen tauchen sie wieder auf. Zuletzt im Dezember, als ein unzufriedener Freier eine Prostituierte an der B3 in Soltau-Bassel um ihren Lohn prellte und leicht verletzte, nur um anschließend direkt vor Ort von drei Männern zusammengeschlagen zu werden. Manche Dinge, so scheint es, ändern sich nie. Das Rotlichtmilieu regelt seine Angelegenheiten selbst.

Eigentlich sollte sich die Prostitutionsausübung den Standards gewöhnlicher Branchen anpassen, der Beruf von Sexarbeiterinnen und Sexarbeitern sollte raus aus der Schmuddelecke. Diesen Weg schlug schon die rot-grüne Bundesregierung unter Gerhard Schröder ein, die „das älteste Gewerbe der Welt“ vom Stigma der Sittenwidrigkeit befreite. Die Große Koalition legte mit dem am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Prostituiertenschutzgesetz nach.

Täglich durchschnittlich sechs bis acht besetzte Lovemomile im Heidekreis

In diesem Gesetz sind erstmals verbindliche Mindestanforderungen für Prostitutionsfahrzeuge geregelt. Zwingend vorhanden sein müssen ein Notrufsystem, ein „ausreichend“ großer Innenraum sowie eine „angemessene“ Innenausstattung inklusive Sanitärbereich. Es sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die der Auslegung bedürfen. 23 Lovemobile sind aktuell im Heidekreis zugelassen. Laut Verwaltung erfüllen sie die gesetzlichen Anforderungen. „Im Schnitt stehen an unterschied- lichen Flächen sechs bis acht Fahrzeuge täglich im gesamten Heidekreis.“ Neunmal sei eine Betriebsgenehmigung versagt worden, sechs Anträge wurden zurückgezogen. In drei Fällen habe der Landkreis Heidekreis aufgrund der Verlegung des Betriebssitzes die Zuständigkeit verloren.

Betreiber müssen sich ihre mobilen Mini-Bordelle nämlich nicht dort genehmigen lassen, wo sie stehen sollen. Die am Betriebssitz erlangte Erlaubnis gilt bundesweit. Auch im Heidekreis stehen teils Fahrzeuge mit Betriebserlaubnissen aus anderen Landkreisen. Dass streng prü- fende Behörden eher gemieden werden liegt nah.

Nicht nur im Bereich der Wohnwagenprostitution scheint das Prostituiertenschutzgesetz wenig verändert zu haben. Kaum kontrollierbare Regelungen wie eine Kondompflicht wirken hilflos und die Zahl der offiziell gemeldeten Prostituierten – Ende 2021 bundesweit 23.743 Personen – ist angesichts von geschätzt mindestens 250.000 Sexarbeiterinnen ein Offenbarungseid.