81 Schottergärten sollen in Soltau wieder grün werden

Schottergärten sind laut Naturschutzbund biologisch tot. Foto: Wikimedia

Flächenversiegelung, Hitzeinseln, fehlende Artenvielfalt und Bodenverdichtung sind nur einige Folgen, die Fachleute durch das Anlegen sogenannter Schotter- oder Kiesgärten sehen. Zudem sind sie meist trist und grau.

Allerdings sind sie im Trend – aber schon seit gut einem halben Jahrhundert laut Niedersächsischer Bauordnung nicht erlaubt. Die schreibt vor, dass Grünflächen auf dem Grundstück auch Grünflächen sein müssen. Viele Kommunen im Heidekreis pochen nun verstärkt auf die Einhaltung. Die Stadt Soltau hat vor gut einem Jahr beschlossen, der Versiegelung von Grundstücken mit Kies und Steinen den Kampf anzusagen.

81 Verstöße wurden seitdem in der Kernstadt und darüber hinaus festgestellt, wie Bürgermeister Olaf Klang jetzt im zuständigen Fachausschuss sowie im Stadtrat erläuterte. „Wir wollen, dass diese Schottergärten zurückgebaut werden.“

Soltau geht in enger Abstimmung mit dem Landkreis als Bauaufsichtsbehörde selbst gegen die Verstöße gegen die Bauordnung vor. Dabei bedürfe es bei einer Einordnung eines Vorgartens als Schottergarten keines Kriterienkatalogs. Entscheidend sei weder die Anzahl oder Größe der Steine oder die Größe der Fläche, sondern das Gesamtbild der Fläche. Von einer Grünfläche spreche man, wenn Pflanzen den Boden bedecken, es als Grünfläche erscheine und einen Lebensraum für Pflanzen und Insekten biete.

Aufgrund der Menge der festgestellten Verstöße habe Soltau nun mit dem Heidekreis abgestimmt, gebietsweise dagegen vorzugehen. Begonnen worden sei mit dem Bereich „An der Almaue“. Die jeweiligen Eigentümer seien durch den Landkreis angeschrieben und zur Herstellung rechtmäßiger Zustände aufgefordert worden.

Dabei handele es sich zunächst um eine Erörterung, in der der festgestellte Sachverhalt dargestellt und die Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt werde. Im Bereich „An der Almaue“ hätten sich bis auf einen alle Eigentümer bereit erklärt, die Schottergärten zeitnah, also innerhalb eines Vierteljahres, zurückzubauen.

Zum Ende des Frühjahres, im April/Mai, sei mit der Umsetzung zu rechnen, erklärte die Stadt. Als nächstes Gebiet soll der Bereich Oeninger Weg in Angriff genommen werden.

Nicht ganz so rigoros gehen andere Kommunen im Norden des Heidekreises gegen Schottergärten vor. Die Stadt Munster etwa versucht das Positive aus der Situation zu machen und ruft zu einem jährlichen Vorgartenwettbewerb auf.

„Freiwilligkeit noch sehr niedrig“

Sie haben nicht nur den Namen gemeinsam: Schon seit Jahren macht der Berliner Biologe Ulf Soltau recht eindrücklich auf die Folgen der Versiegelung von wertvollem Naturraum vor der eigenen Haustür aufmerksam.

Die „Gärten des Grauens“ gibt es inzwischen nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern auch als Buch. Darin: Bilder von grauen Beton- oder Steinwüsten vor Wohnhäusern. Soltau hat mit seinem Engagement das Thema in die Öffentlichkeit gebracht.

Unter anderem die Stadt Soltau geht nun verstärkt gegen die Schotter- und Kiesgärten vor. 81 Eigentümer müssen ihre Vorgärten wieder naturnah umwandeln, die ersten wurden bereits angeschrieben.

Nach dem Bereich „An der Almaue“, soll es am Oeninger Weg weitergehen. Weitere Gebiete sollen nach und nach folgen. Sollte kein Rückbau seitens des Eigentümers erfolgen, drohe möglicherweise ein Bußgeld, das der Landkreis als Untere Bauaufsichtbehörde festsetzen muss.

Und es könne sogar zu einer Ersatzvornahme kommen. Das bedeutet, dass der Landkreis die Entfernung eines Steingartens in Auftrag gibt und die Kosten dem Verursacher in Rechnung stellt. Dass das möglich ist, legt die Niedersächsische Bauordnung fest. Der Natur muss Vorrang eingeräumt werden. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat das kürzlich bekräftigt und somit den Kommunen auch die Bearbeitung von Widersprüchen erleichtert.

Grundsätzlich ist es Sache des Landkreises als Bauaufsichtsbehörde, die Gärten auf das Vorhandensein möglicher Schottergärten zu kontrollieren. Soltau hat nun eigenständig die Einhaltung der Grünfestsetzung der gültigen Bebauungspläne kontrolliert.

In dem Rahmen und im Rahmen der Amtshilfe wurde mit dem Heidekreis vereinbart, dass die Stadt gleich die Feststellung von Schottergärten mit überprüft, aufnimmt und an den Landkreis weiterleitet.

Auf den Landkreis verweisen dagegen Schneverdingen und auch Bispingen. Die Bauaufsicht dort sei für die Kontrolle, die Ermahnung und in der Folge auch die Geldbuße verantwortlich. Beide Kommunen hätten keine eigenen personellen Kapazitäten, um eigeninitiativ die Prüfung vorzunehmen, so auch Bispingens Fachbereichsleiter Ulf Dallmann.

Die Stadt Schneverdingen hat allerdings ihre Vorgaben in den Neubaugebieten noch einmal verschärft – auch wenn es rechtlich eigentlich keinen Grund dafür gibt, weil die Bauordnung schon aussagekräftig sei. Aber auf ausdrücklichen Wunsch der Politik wurde das Schottergarten-Verbot als Auflage in den Bebauungsplan für das Neubaugebiet Lerchenstert aufgenommen.

In den jüngeren Baugebieten Beekenrahde/Kuhlstücken und Halmsrahde sei der Zusatz, der sich gegen das Anlegen von Stein und Kies im Garten richtet, in den Kaufverträgen aufgenommen, wie Umweltbeauftragte Barbara Kreie aus dem Rathaus sagt. Ein negatives Beispiel sei ihr dennoch bekannt.

Gemeinden haben kaum Sanktionsmöglichkeiten

Bispingen verweist ebenso darauf, keine eigenen Sanktionsmöglichkeiten zu haben. Fachbereichsleiter Dallmann habe aber einen konkreten Fall bereits dem Landkreis gemeldet. Ob dort eingeschritten worden sei, das wisse die Gemeinde nicht. Eine sehenswerte Verbesserung sei bislang nicht erfolgt.

Der Landkreis teilte auf BZ-Anfrage mit, dass die Kontrollen in Bispingen demnächst beginnen sollen. Je nach den personellen Möglichkeiten würden diese vorgenommen, immer zeitnah nach eingegangenen Meldungen.

Zudem fänden teilweise im Rahmen der Amtshilfe Überprüfungen durch die Kommunen statt. Auch der Landkreis verweist darauf, dass bei Nichtrückbau der Schottergärten Buß- oder Zwangsgelder verhängt oder auch eine Ersatzvornahme angeordnet werden könne. Der Landkreis stellt trotz dieser empfindlichen Strafen zum Rückbau fest: „Die Schwelle der Freiwilligkeit ist momentan noch sehr niedrig.“

Restriktionen sieht man in Munster sogar als Mittel zweiter Wahl. Dort nähert man sich dem Problem Schottergärten positiv. Deshalb habe die Stadt 2021 einen Vorgartenwettbewerb ins Leben gerufen, so Fachbereichsleiter Benjamin von Ahlen.

Der Wettbewerb, bei dem unter anderem die Artenvielfalt ein Kriterium ist, gehe in diesem Jahr in die dritte Runde und werde auch gut von der Bevölkerung angenommen (wie berichtet).

„Außerdem weist die Stadt in allen neuen Bebauungsplanverfahren darauf hin, dass Schottergärten ausgeschlossen sind“, so von Ahlen. Dennoch sei der Verwaltung in einem Neubaugebiet aufgefallen, dass der Versiegelungsgrad extrem überschritten worden sei, sodass mit Unterstützung des Landkreises die Grundstücke überprüft und zum Teil ein Rückbau angeordnet worden sei.

Freier im Handeln ist übrigens Walsrode. Die Stadt hat aufgrund ihres Status als selbstständige Kommune eine eigene Bauaufsicht und ist in Sachen Schottergärten ebenfalls tätig geworden: Von 390 Grundstücken im Kerngebiet müssen 47 bis Ende des Jahres zurückgebaut werden. Es sei allerdings nur die erste Kontrollrunde gewesen, hieß es aus dem Rathaus.

Vom Schottergarten zum ökologisch wertvollen Garten

Der Naturschutzbund (Nabu) gibt auf seiner Homepage Tipps, wie sich ein Schottergarten ökologisch wertvoll umbauen lässt. Wichtig ist neben dem Begrünen des Gartenareals, die Wasserdurchlässigkeit wiederherzustellen.

Deshalb ist entscheidend, dass das Vlies oder die Folie als Untergrund entfernt wird, um das Einsickern des sich zersetzenden Kunststoffs im Erdreich zu vermeiden. Um den Garten wieder für Tiere und Wildpflanzen attraktiv zu gestalten, müsse dem Schotter Grünschnittkompost und ein Feinkornanteil beigegeben werden.

Grubensand, Kiessand oder Mineralbeton können diesen Anteil liefern. So wird ein Untergrund geschaffen, der Magerwiesen ähnelt.

Es sei dann immer noch ein pflegeleichtes Grundstück, so der Nabu. Eine blütenreiche, magere Wildblumenwiese könnte darauf entstehen. In den ersten drei Monaten sollte die Fläche zweimal in der Woche abends gegossen werden, damit die Pflanzen Wurzeln schlagen. Danach ist nur bei extremer Dürre zusätzlich Wasser nötig. https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/planung/29770.html