Streit um geplante Waldabholzung in Munster: „Ersatzpflanzungen“ sind nicht genug

Die Munsteraner Grünen (von links) Anke Heidelberg, Martina Preloger und Hündin Henna, Sabine Spieker, Förster Ulrich Kliem und Harved Scheiger stehen zwischen Eiche (links) und Buche und wollen sich für den Erhalt des Waldstücks einsetzen, das für die Erweiterung von Betriebsflächen fallen soll. Foto: akü

Ein Munsteraner Tiefbauunternehmen möchte seinen Betrieb um 2,5 Hektar erweitern. Dafür müsste ein Mischwald weichen. Grüne dringen auf Erhalt als wichtiges Naherholungsgebiet und für den Klimaschutz.

Der Wald ist ein Sehnsuchtsort der Deutschen. Viele Sagen haben hier ihren Ursprung. Aber auch in Zeiten des Klimawandels ist es immer wichtiger, den Wald zu erhalten. Der Klimawandel bedroht nicht nur den Lebensraum Wald und damit auch seine gesamte Artenvielfalt, sondern auch seine Funktionen, wie beispielsweise die Erholungs-, die Klimaschutz-, die Bodenschutz- und die Nutzfunktion. Und deshalb wollen es die Grünen in Munster nicht hinnehmen, dass ein seit mehreren Generationen familiengeführtes Tiefbauunternehmen seinen Betrieb an der Hans-Krüger-Straße 56 bis 62 nach Osten hin um circa 2,5 Hektar erweitert.

Ein dort vorhandener Mischwald müsste dann fallen, befürchten die Grünen beim Spaziergang durch das betroffene Waldgebiet. Ein Standortwechsel oder eine anderweitige Erweiterungsmöglichkeit sei sowohl aus logistischen Gründen sowie mangels möglicher Alternativen innerhalb des Stadtgebietes von Munster nicht möglich, ist in der Beschlussvorlage zur Erweiterung des Betriebs nötigen Änderung des Flächennutzungsplanes „Erweiterung Gewerbegebiet Söhlstraße“ zu lesen.

Viele Höhlenbäume bieten Vögeln Lebensraum

Ulrich Kliem, der das Waldstück 20 Jahre lang als Förster betreut hat, zeigt sich alles andere als begeistert von den Plänen, den Wald abzuholzen. Er betrachtet den Wald als wichtiges Naherholungsgebiet für die Bevölkerung und betont zudem den Wert des alten Laubholzbestandes, zu dem auch einige Douglasien zählen.

Kliem kann allerdings keinen genauen Prozentsatz angeben, wie viel der Fläche von Douglasien belegt ist. Er betont jedoch, dass dies in diesem Fall keine Rolle spiele, da die Douglasien sich lediglich in dem Bereich verjüngen, in dem sie bereits stehen – ein natürlicher Vorgang, wie bei jeder anderen Baumart auch. Momentan handelt es sich bei dem Waldstück noch um einen reinen Laubholzbestand, in dem viele Höhlenbäume zu finden sind. Diese Höhlen bieten Lebensraum für Vögel, die auf Höhlenbrüter angewiesen sind.

Wald verhindert, dass Kasernen von Staubwolken belastet werden

Auch Martina Preloger von den Grünen äußert sich zu dem Thema und bekräftigt Kliems Bedenken. Sie weist auf die massive Staubbelastung in dem Gebiet hin, die bei Trockenheit und Wind entsteht. Durch den Wald werde derzeit noch vermieden, dass die Kasernen in der Nähe von den Staubwolken betroffen seien. Bei einer möglichen Rodung des Waldes würde dieser Schutz entfallen und ihrer Meinung nach sowohl den Bewohnern der Kasernen als auch der Bundeswehr Probleme bereiten.

Beate Spieker, Grüne aus Breloh, bezeichnet die geplante Abholzung des Waldes als eine Sünde, gerade in Zeiten des Klimawandels und des Artenschwunds. Sie kritisiert, dass in solchen Fällen immer noch kurzfristig gedacht und ausschließlich der Profit in den Vordergrund gestellt werde, während die Natur auf der Strecke bleibe.

„Wenn dieser intakte Wald für immer verschwindet, geht ein komplettes Ökosystem verloren.“

Anke Heidelberg, Munsteraner Grüne

„Der Wohnungsbau, die Gewerbeentwicklung und die Expansion der Industrie und Wirtschaft haben in den vergangenen Jahren viel wertvolles Gelände beansprucht. Dies wird besonders deutlich in Soltau, wo Wälder für den Bau eines Outlet-Centers oder für die Ansiedlung von Industrie gerodet werden. In Zeiten des Klimawandels können wir uns solche Verluste einfach nicht mehr leisten“ meint Anke Heidelberg.

Ausgleichsmaßnahmen würden zwar angeboten, aber ihrer Meinung nach sei es nahezu unmöglich, einen solchen Wald vollständig zu ersetzen. Die Wiederaufforstung dauere viele Jahre, und in Zeiten von Trockenheit und Wasserknappheit hätten neu gepflanzte Bäume oft nicht genug Wasser, um zu überleben, so Heidelberg.

Mikroorganismen können nicht einfach durch Setzlinge ersetzt werden

Außerdem gebe es Mikroorganismen, die in diesen Wäldern eine entscheidende Rolle spielten und die nicht einfach durch junge Setzlinge ersetzt werden können. Ein Wald, der mehr als 100 Jahre bestanden habe, beherberge Pilzsporen und andere Mikroorganismen, die für die Natur und die Umwelt von großer Bedeutung sind. „Wenn dieser intakte Wald für immer verschwindet, geht ein komplettes Ökosystem verloren.“

„Wir sollten dringend überlegen, wie wir als Gesellschaft mit wertvollem Land umgehen und welche Prioritäten wir setzen. Es ist an der Zeit, den Schutz und die Pflege unserer natürlichen Ressourcen in den Vordergrund zu stellen und alternative Wege für Bauvorhaben und wirtschaftliche Expansion zu finden, die die Umwelt weniger belasten“, sagt Heidelberg. Unsere Wälder seien kostbar und sie verdienten es, für zukünftige Generationen erhalten zu bleiben. Daher sollten gemeinsam nachhaltige Lösungen gesucht werden, um den Verlust von Waldgebieten zu minimieren und die Umwelt zu schützen. „Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Kinder und Enkelkinder eine intakte Natur und ein gesundes Ökosystem erleben können“.

Grüne planen Petition zu starten

„Die Bedeutung des Erhalts von Wäldern für die Zukunft unserer Kinder kann nicht genug betont werden“, sagt Grünen-Fraktionschef Harved Scheiger. Die örtlichen sogenannten Ausgleichswälder könnten laut ihm nicht annähernd die Funktion und Qualität bieten, die der Wald in Munster jetzt habe. Wenn dieser Wald gefällt würde, wäre es laut Scheiger ein Desaster.

„Wir planen, eine Petition zu starten auf Open Petition, um die Öffentlichkeit eben auch zu mobilisieren und zu zeigen, dass wir nicht alleine stehen mit unserer Meinung“, kündigt Preloger an. Außerdem appellierten die Grünen-Vertreter an die Ratsmitglieder, sich vor solchen Entscheidungen unbedingt vor Ort ein Bild zu machen und verurteilen die Tatsache, dass nur drei Mitglieder des Ausschusses den Wald besichtigt hätten, bevor über die Abholzung entschieden worden sei.

 

Seit mehreren Generationen Familienbetrieb

Für Erweiterung stadteigene Wegefläche von der Stadt erwerben

Für die Sicherstellung der zukünftigen wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit seines Betriebes, beabsichtigt der Munsteraner Unternehmer sein bestehendes Betriebsgrundstück „Hans-Krüger-Straße 56-62“ nach Osten hin um circa 2,5 ha zu erweitern. Im Bereich der Erweiterungsflächen sollen weitere Lagerflächen und Schüttgutboxen entstehen. Für die angestrebte Erweiterung des Betriebsgrundstückes hat der Unternehmer bereits im Jahr 2020 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) die östlich an sein Grundstück angrenzenden Waldflächen erworben. Für eine zusammenhängende wirtschaftliche Nutzung der von der BImA erworbenen Flächen, strebt der Unternehmer zudem an, die zwischen diesen Flächen liegende stadteigene Wegefläche zu erwerben. Die Entscheidung über einen Verkauf der stadteigenen Wegefläche obliegt im weiteren Verfahren dem Rat. akü