Kutscher auf dem Rückzug: Nachwuchs fehlt

Eine Idylle, die Urlauber in die Heide lockt: Zur Heideblüte mit der Kutsche einen Ausflug unternehmen und einer Schnuckenherde begegnen. Kutschfahrten sind wichtig für die touristische Vermarktung der Region. 

Eine Kutschfahrt gehört zur Heide wie die Calluna-Pflanze selbst. Seit mehr als 100 Jahren prägen die Kutschen in der Lüneburger Heide das Image des romantischen, schönen und erholsamen Naturerlebnisses, schreibt der Naturpark Lüneburger Heide auf der Homepage. Doch die Tradition ist im Wandel: Viele Kutscher geben aus Altersgründen auf, ohne dass Nachfolger auf den Kutschbock springen. Die Kutschen-Parkplätze sind oftmals verwaist. Spontan mit der Kutsche zum Totengrund und Wilseder Berg zu kommen, ist so gut wie unmöglich geworden.

Nur noch auf Vorbestellung

„Die Zeit, in der die Kutschen auf Parkplätzen auf Gäste warten, ist vorbei, diese kommen fast nur auf Vorbestellung zum Einsatz“, teilt Martina Klein von der Schneverdingen Touristik mit. Dies bestätigt Klaus Meyer mit Sohn Steffen. Rund die Hälfte der Buchungen machen Busgesellschaften aus, 40 Prozent sind private Vorbuchungen und nur noch rund zehn Prozent werde spontan gefahren. Meyers, die mit 16 Gespannen den wohl größten Betrieb in der Region betreiben, dabei haben sie ihr Angebot bereits enorm zurückgefahren. Es waren mal 27 Gespanne. Doch es rechne sich nicht mehr, so Steffen Meyer. Der Umsatz sei zwar von den drei großen Standbeinen des Betrieb der höchste, aber schaut man auf den Gewinn, würden er mit dem Agrar-Handel und sein Vater mit der Zahnpflege mehr erwirtschaften. Bei Meyers funktioniert der Kutschenbetrieb noch durch die Kombination verschiedener Geschäftsfelder.

Auf besondere Fahrten spezialisiert

Ein Gegenbeispiel ist Britta Albers aus Döhle. Sie hat sich als Ein-Frau Betrieb auf besondere Kutschfahrten spezialisiert. Sie bietet zum Beispiel Fahrten zu der Herde der Dülmener Wildpferden an. „Im August bin ich nahezu ausgebucht“, sagt sie und verweist auf drei freie Fahrten. Würde sie ihren Betrieb vergrößern, würde es sich aufgrund der laufenden Kosten und des gestiegenen Mindestlohns für Kutscher nicht mehr lohnen. Sie hat ihre Tochter noch in der Hinterhand, die einspringen kann.

Hohe Kosten im Unterhalt

Margret Hedder von der Touristik Bispingen bestätigt, dass es ein Problem ist Nachfolger für einen Kutschbetrieb zu finden. „Betriebe finden kaum Mitarbeiter für diesen Saisonjob“, teilt sie mit, „die die entsprechende Kutscherausbildung haben und zudem sind die behördlichen Auflagen hoch und kostenintensiv geworden.“ Hilke Feddersen, Geschäftsführerin des Naturparks, ergänzt: „Ein Pferd braucht 365 Tage im Jahr Futter, und das nicht zu knapp.“ Auch die Unterhaltung eines Gespanns schlage mit rund 10 000 Euro zu Buche, ergänzt Meyer senior. Alle sechs Wochen muss der Hufschmied kommen, der Tierarzt sei ebenfalls teurer geworden. Und selbst die Zahnpflege, auf die sich Klaus Meyer spezialisiert hat, muss einmal jährlich eingeplant werden. Diese Behandlung verlängere das Leben eines Pferdes durchschnittlich um fünf Jahre, so Meyer.

Naturpark vermittelt zwischen den Interessen

Geschäftsführerin Hilke Feddersen hat in den vergangenen Jahren das Verhältnis der Kutschbetriebe, Grundstückseigentümer, Naturschützer, Gemeinden und der Touristiker in der Lüneburger Heide erheblich verbessert, da sie im mit Eu-Mitteln geförderten Dialog-Projekt die gegensätzlichen Interessenlagen und unterschiedlichen Kenntnisse thematisiert und ausgeräumt hat. Eine große Errungenschaft sind die Vereinbarungen zur Instandhaltung der Wege. Neben dem Austausch ist aber auch festgehalten worden, dass jährliche Kutscher-Basiskurse und Fortbildungen verpflichtend sind. Klaus Meyer in Schneverdingen bildet angehende Kutscher aus ganz Deutschland aus. Der Naturpark hat mit Karten und Kontaktadressen ein Überblick über das Angebot zusammengestellt.