Suche nach atomarem Endlager dauert noch lange

Dauerprotest im Landkreis Rotenburg: Mit diesem und weiteren Plakaten sowie symbolischen Atommüllfässern machen Einwohner aus ihrer Haltung zu einem möglichen atomaren Endlager keinen Hehl.

Nach jahrelanger Vorbereitung soll in knapp sechs Wochen die Räumung des Dethlinger Teichs beginnen, bei der 30 000 hochgiftige Granaten geborgen und vernichtet werden müssen. Veranschlagt ist zunächst ein Zeitraum von fünf Jahren. Viel länger ist die Historie der Suche nach einem Endlager für atomare Abfälle der deutschen Atomkraftwerke.

Auch Heidekreis kurzzeitig im Fokus

Nachdem der umstrittene Salzstock bei Gorleben vor einigen Jahren als ungeeignet verworfen worden war, begann die Suche erneut. Im Herbst 2020 hat die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) ein erstes Zwischenergebnis der Standortsuche veröffentlicht. Er weist bundesweit 90 Teilgebiete und damit 54 Prozent der Fläche der Bundesrepublik Deutschland aus, die nach Expertenmeinung günstige geologische Voraussetzungen für die sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle erwarten lassen. Kurzzeitig war auch ein Bereich im nördlichen Kreisgebiet bei Volkwardingen in den Fokus geraten, dann aber wieder verworfen worden. Gleichwohl wird die Auswahl im Heidekreis aufmerksam verfolgt, denn einige Teilgebiete liegen kurz hinter der Kreisgrenze bei Rotenburg und im Kreis Harburg.

Bei Letzterem handelt es sich um den Salzstock Bahlburg, der sich von Luhdorf bis hinter Garstedt erstreckt. Neben Salzformationen gibt es noch andere Wirtsgesteine, die für ein mögliches Endlager hochradioaktiver Abfälle in Betracht kommen könnten, weil sie über Eigenschaften verfügen, die eine Ausbreitung von radioaktiven Stoffen möglichst dauerhaft verhindern sollen: Tongestein, Steinsalz und Granit. In einer vom Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung beim Landkreis Harburg, Dr. Alexander Stark, moderierten Expertenrunde im Winsener Kreishaus ging es in dieser Woche um die Rolle der unterschiedlichen Wirtsgesteine bei der Endlagerstättensuche. Bundesweit lagern Tausende Tonnen atomarer Restmüll in Zwischenlagern oder auf dem Gelände stillgelegter Kernkraftwerke. Finnland hat 2015 als erstes Land den Bau eines atomaren Endlagers genehmigt, die Schweiz zumindest eine Standortentscheidung getroffen. So weit ist Deutschland nicht. Zunächst gibt es eine Negativauslese: 2024 will die BGE erste Informationen bekannt geben, welche der 90 Teilgebiete als nicht geeignet für ein Endlager angesehen werden. Die Entscheidungsfindung, wo es sein soll, wird sich über Jahrzehnte hinziehen. Eine Tendenz sei nicht abzusehen, machte Dr. Stark in seinem Fazit deutlich: „Da besteht noch viel Forschungsbedarf.“

„Sehen momentan kein Erfordernis“

Im Gegensatz zu den Landkreisen Rotenburg und Harburg, wo es in unregelmäßigen Abständen auf der Tagesordnung steht, ist das Verfahren zur Standortsuche für ein atomares Endlager in den politischen Gremien des Heidekreises bisher kein Thema. „Nach einer neuen zeitlichen Einschätzung der BGE wird mit der Festlegung des bestmöglichen Standortes für den Zeitraum zwischen 2046 und 2068 gerechnet“, so Landkreissprecherin Sandra Michaelis, „aufgrund dieser zeitlichen Perspektive sieht der Heidekreis momentan nicht die Erfordernis, sich mit dieser Problematik tiefer gehend zu beschäftigen.“ Man sei aber im kontinuierlichen Austausch mit zahlreichen anderen niedersächsischen Kreisverwaltungen, falls sich zukünftig konkretere Standortvorschläge durch die involvierten Bundesbehörden ergeben sollten. vo