Jobwärts in die Zukunft

Tina Stößel, Joana Graue und Sebastian Tietzel (hinten von links) stehen hinter der nun verlängerten Kooperation, die die Schulleiter Gaby Tinnemeier und Mani Taghi-Khani unterzeichnen. Foto: jul

Jobwärts ist ein Erfolgsmodell: Aus dem schulischen Projekt zur Berufsorientierung für Hauptschüler im 9. Jahrgang ist nach zehn Jahren ein fester Baustein im Unterricht der Kooperativen Gesamtschule (KGS) in Schneverdingen geworden. Es hat den Stellenwert eines verpflichtenden Unterrichtsfachs, stellt Schulleiter Mani Taghi-Khani klar. Die Jugendlichen bekommen einen intensiven Einblick in die verschiedenen Berufszweige, die an den Berufsbildenden Schulen in Soltau schulisch gelehrt werden. Dadurch ergreifen mehr Jugendliche im 9. Jahrgang den Ausbildungsweg. BBS-Schulleiterin Gaby Tinnemeier und Taghi-Khani unterzeichneten nun eine weitere auf fünf Jahre angelegte Kooperationsvereinbarung.

„Wir feiern heute die Kooperation, die wir durch Höhen und Tiefen geleistet haben“, sagt Tinnemeier. Beide Schulen seien dadurch extrem zusammengewachsen. Die Schulleiter erinnern sich rückblickend an viele lobende Worte und Würdigungen für das große Engagement, aber auch an das jahrelange Ringen um eine angemessene Wertschätzung für den Einsatz von Lehrkräften. Das Besondere an dem schulübergreifenden Projekt ist die engmaschige Betreuung von Lehrerinnen und Lehrern der KGS gewesen, die ihre Schüler über ein Schuljahr hinweg an den BBS begleitet haben. Dieses gewachsene Vertrauensverhältnis mache ein Großteil des Erfolgsrezepts aus. „Die enge Beziehung der Klassenlehrer ist das A und O“, sagt Sebastian Tietzel, Leiter des Hauptschulzweigs. Dies zeige sich an gestiegenen Schülerzahlen, die in eine Ausbildung nach der 9. Klasse gegangen sind, aber auch an der geringen Abbrecherquote, wie Taghi-Khani ergänzt.

Doch was macht Jobwärts nun aus? Jeden Montag nach der ersten Stunde im Fach Wirtschaft fahren die durchschnittlich 30 Schülerinnen und Schüler gemeinsam an die Berufsbildenden Schulen nach Soltau. Dort werden sie in die vier großen Berufszweiggruppen (Bau, Metall, Gastronomie und Pflege) eingeführt. Sie entscheiden sich für einen favorisierten Bereich und müssen konkrete Aufgaben bewältigen, wie KGS-Jahrgangstutorin Joana Graue erklärt. Das könne zum Beispiel der Bau einer Mauer sein oder die Umsetzung eines Kaffeeservices sein. Darin werden die Schüler auch benotet.

Im Anschluss an den fachpraktischen Teil gibt es an der KGS nochmal eine Stunde, in der das Berufscoaching intensiviert wird. Da wird zum Beispiel das Berichtsheft geschrieben, das Bewerbungsgespräch geführt oder die Berufsberatung von der Agentur für Arbeit geleistet. Zudem gehört ein Kompaktseminar im Jugendhof Idingen zum Jobwärts-Programm. Während der Corona-Pandemie konnte es dort nicht stattfinden. Stattdessen wurden die Inhalte an einzelnen Tagen in der Schule vermittelt, so Graue. Wichtig sei, die Eltern in die Berufsorientierung der Kinder miteinzubeziehen. Die Schule organisiere einen gemeinsamen Beratungstermin zwischen der Berufsberatung der Arbeitsagentur und den Schülern zusammen mit ihren Eltern.

Dass so viel Unterstützung nötig ist, schreiben die Lehrer auch der immer noch weit verbreiteten Annahme zu, dass nur an einer allgemeinbildenden Schule ein Realschulabschluss erreicht werden könne. Dabei wird der Realschulabschluss auch durch eine Ausbildung erreicht. Eine Chance sei das Jobwärts-Format im Übrigen auch für die Schüler mit Förderbedarf, die an der KGS im wesentlich stärkeren Maß beschult werden als noch vor zehn Jahren, wie Graue berichtet. „Wir haben durch Jobwärts auch geschafft, dass Förderschüler in Ausbildung kommen.“

Zwei Neuerungen gibt es in der Kooperation: Schüler, deren Neigungen zwischen verschiedenen Berufsbereichen schwanken, können nun zum Halbjahr wechseln. Eine Ausgewogenheit zwischen den Wünschen der Schüler und den Möglichkeiten der zur Verfügung stehenden Plätzen an Werkbänken und Frisiertischen herzustellen, sei nicht einfach, so Tinnemeier.

Doch die BBS-Lehrer sind sehr angetan von der Kooperation mit den KGS-Lehrern, ergänzt Tina Stößel, die an den BBS für die Berufsorientierung zuständig ist. Zusätzlich ermöglichen die Lehrer den Schülern zukünftig einen schnelleren Weg ins Berufspraktikum, vorausgesetzt, sie sind bereits von ihrem Ausbildungsvorhaben überzeugt.

Unterstützung auf dem Weg in den Beruf

Um den Übergang von der Schule ins Berufsleben zu erleichtern, gibt es an der Kooperativen Gesamtschule Schneverdingen drei Konzepte, die dem jeweiligen Zweig zugeordnet sind: Jobwärts (Hauptschule), Azubiwärts (Realschule) und Uniwärts (Gymnasium). Dabei geht es um eine intensive Begleitung, damit der Sprung in den Ausbildungsbetrieb oder an die Uni gelingt. Am Beispiel von Jobwärts lässt sich der Erfolg ablesen: Heute gehen rund die Hälfte der Hauptschulabsolventen in Lehre und Ausbildung, zuvor waren es durchschnittlich zwei von 30 Schülern. Die KGS ist 2018 für ihre „hervorragende Berufs- und Studienorientierung“ mit dem Zertifikat „Pro-Berufsorientierung! Schule-Wirtschaft“ von der Landesschulbehörde, der Handwerkskammer, der Industrie- und Handelskammer sowie der Agentur für Arbeit ausgezeichnet worden.

Julia Dührkop