„Demokratie lässt sich nicht mehr vom Sofa verteidigen“

Für die Zukunft der freiheitlichen Demokratie waren am Montag nicht nur Heidekreisler in Bad Fallingbostel anzutreffen. Foto: Rüdiger Katterwe

Um die 1500 Menschen sollen es Schätzungen vom Dienstag zufolge dann doch gewesen sein, die Sinne des „Nie wieder ist jetzt“ am Montag in den Bürgerhof des Bad Fallingbosteler Zentrums geströmt sind. Alle demokratische Parteien, ihre Jugendverbände, Gewerkschaften, Landvolk und Jugend, der Jesidische Kulturverein und weitere Gruppen standen hinter der Kundgebung, die das „Bündnis gegen Rechts“ innerhalb weniger Tage nach Vorbild zahlreicher Demonstrationen im Bundesgebiet aus dem Boden gestampft hat.

Heidekreis-Bundestagsabgeordneter Lars Klingbeil ließ mit gewichtigem Grund entschuldigen: Er nahm in Berlin am Trauerstaatsakt zu Ehren Wolfgang Schäubles teil. Trotzdem fand sich mit Landrat Jens Grote, Ratsherr Birhat Kaçar, der Buchholzer Bürgermeisterin Aynur Colpan, den Pastoren Gottfried Berndt und Manuel Ziggel, Gewerkschafter Heinz-Dieter Braun und Fritz Patzelt vom „Bündnis gegen Rechts“ eine illustre Runde am Rednerpult zusammen.

Bemerkenswert war der Zustrom an Menschen außerhalb des Heidekreises. Vor allem Teilnehmer der angrenzenden Landkreise Celle, Rotenburg und Harburg tummelten sich in der Menschenschar. „Sturmfest und demokratieverwachsen! Wir Niedersachsen müssen zusammenstehen, es ist fünf vor zwölf“, gab sich Oliver Everding aus Winsen solidarisch und blies damit ins selbe Horn wie Grote, der in seiner Rede mahnte, die Demokratie sei fortan „nicht mehr vom Sofa aus zu verteidigen“.

Wie geht es weiter mit dem "Bündnis gegen Rechts"?

Tags darauf zeigt sich Kaçar als Demo-Mitorganisator tief beeindruckt von dem, was sich ihm im Bürgerhof bot. „Um ein klares Signal für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und gegen jegliche Art von Rechtsextremismus zu setzen, hätten wir ehrlich gesagt nicht mit einer solchen Resonanz gerechnet.“

Nach der bundesweiten Bereitschaft „aufzustehen“ sieht Kaçar die Kommunen nun in der Pflicht, um den aktuellen Geist des Widerstandes auf lokaler Ebene nicht zu einem kurz aufflammenden Schnellfeuer ohne Substanz verkommen zu lassen. Bereits in seiner Rede betonte der 25-jährige Fraktionsvorsitzende der Soltauer SPD die bedeutende Rolle von Bildung für ein Verständnis von freiheitlicher Demokratie und deren Schutz. „Dieses Bündnis ist nicht allein gegen etwas positioniert, sondern steht vor allem für etwas. Angesichts der Bedrohungen unserer Demokratie sollte Bildungsarbeit zu einem entscheidenden Baustein unserer Initiative werden. Die bloße Organisation von Kundgebungen wird nicht ausreichen“, so Kaçar am Dienstag.

Als einen „Aufstand der Anständigen“ bezeichnet er dabei einen Zusammenschluss von Parteien, Kirchen, Kulturvereinen, Schulen und verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppen. Die Fallingbosteler Kundgebung bilde lediglich den Startschuss für weitere Bemühungen. „Zahlreiche Anfragen von Einzelpersonen und Organisationen haben mich erreicht, die ihr Interesse an einer Beteiligung bekundeten. Wir müssen diese Kraft nutzen, um diesen anstrengenden Marathon meistern zu können.“ Zeitnah sollen die beteiligten Organisationen für die zukünftige Planung zu einem umfassenden Gespräch eingeladen werden.

Daniel Herzig