„Nie wieder“: Der Heidekreis zieht nach

Vereint für eine offene Gesellschaft: Knapp 2000 Menschen fanden anlässlich einer Kundgebung gegen Rechtsextremismus am Montag den Weg zum Bürgerhof in Bad Fallingbostel. Foto: dh

Auch der Heidekreis steht auf: Nachdem am Wochenende deutschlandweit mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen sind, verzeichnet Bad Fallingbostel eine Kundgebung angesichts zunehmender rechtsextremistischer Tendenzen. Trotz des alles andere als praktisch gelegenen Termins strömen am späten Montagnachmittag knapp 2000 Menschen auf den Bürgerhof.

„Seitens Verdi und DGB waren wir für eine andere zeitliche Ansetzung und Örtlichkeit“, moniert Gewerkschaftssprecher Heinz-Dieter Braun im Vorfeld. Seine Sorge, der Ruf des gegründeten „Bündnis gegen rechts“ nach einem „Nie wieder“ könnte ohne große Resonanz verhallen, entpuppt sich als unbegründet. Pünktlich zu Veranstaltungsbeginn um 17 Uhr ist der Platz komplett gefüllt.

Auch Teilnehmer aus umliegenden Städten schwenken bereits vorher ihre Flaggen. Gegen eine AfD, die seit ihrer Gründung mit ihren Positionen sukzessive ins rechtsextreme Spektrum abwandert. Für ein Gros der Anwesenden ist die Ursache hausgemacht. „Der Populistenzulauf speist sich aus schlechter Politik. Dass die Menschen, die der AfD diesen Zuwachs ermöglichen, jetzt zur Bekämpfung aufrufen, ist eine Doppelmoral“, so der Celler Hans-Dietrich Springhorn.

Bei geringer Polizeipräsenz bleibt die Kundgebung durchgängig friedlich. Neben Braun („Wenn die braune Jauche zum menschenfeindlichen Hochwasser ansetzt, müssen wir den Deich stärken“) spricht auch Landrat Jens Grote unter dem Einfluss jüngster Ereignisse zum Publikum. „Neben den Hochwasserpegeln der letzten Wochen ist mein Rechtsextremismus-Pegel in den Gefahrenbereich gerutscht.“ Sein moralischer Kompass sei gegen jede Form von Rassismus und Faschismus ausgerichtet, so Grote, der weiterführend auf die jüngst publik gewordene Correctiv-Recherche eingeht, bei der die Stimmen aus der AfD, die sich gegen deren Inhalte positioniert hatten, allenfalls nichtig waren. „Ein Treffen wie in Potsdam darf von den Organen unseres Rechtsstaates nicht toleriert werden.“

Wohlwollend kommt dazu die Anwesenheit mehrerer Landwirte, die ihre Traktoren mit „Landwirtschaft ist bunt, nicht braun“ versehen hatten, zur Sprache. „Ein Zeichen, dass dieser Dannenberg nach seiner Anbiederung keinen Stich bei den Bauern gesehen“, konstatiert Braun. Besonderen Applaus heimst Pastor Gottfried Berndt aus Soltau ein, der seine Rede mit einem Kafka-Zitat schließt. „Man sieht die Sonne untergehen und wundert sich doch, wenn es dunkel ist.“ Dazu soll es gemäß dem Interesse aller Anwesenden nicht kommen.

Daniel Herzig