Kirchwahlingen und Hodenhagen besser schützen

Das am nördlichen Teil des Ringdeichs um Kirchwahlingen stehende Schöpfwerk war mit der Hochwassersituation überfordert und auch der Deich hat gerade noch so eben gehalten. Foto: bk

Das Wasser der Aller ist zurückgegangen. Nur auf den Feldern um die Allerdörfer herum verweisen hier und da schneebedeckte Eisflächen auf das gewichene Hochwasser. So auch zwischen Kirchwahlingen und Altenwahlingen. Am Schöpfwerk auf dem nördlichen Teilbereich des Ringwalls um Kirchwahlingen liegen schlaff einige Schläuche. Eine neben dem Schöpfwerk stehende große Pumpe belegt, welcher Kampf hier noch vor ein paar Tagen geführt wurde. Die von einem Ringdeich umgebene Ortschaft ist gerade noch so eben nicht „abgesoffen“. Das ist vor allem ehrenamtlichen Kräften größtenteils des THW zu verdanken, aber auch der Dienstleistung seitens gewerblicher Anbieter.

„Ich hoffe, dass das Schöpfwerk noch in diesem Jahr ertüchtigt werden kann. Die Pumpen waren von Anfang an zu klein“, sieht Thomas Lucas vom Deichverband Hodenhagen hier schon lange Handlungsbedarf. „Der Gegendruck der Aller war von vornherein beim Bau nicht berücksichtigt worden“, so Lucas.

Insbesondere in die Kritik geraten ist die Verfahrensdauer eines bereits vor acht Jahren geplanten Vorhabens zur Verbesserung des Deichschutzes im Bereich Kirchwahlingen. Der Deich ist im Süden um 50 Zentimeter zu flach und im Norden fehlt eine Lehmschürze aus Kleiboden.

Die Nachfragen der Böhme-Zeitung bei der Landesregierung und die Berichterstattung hätten „ein bisschen was ausgelöst“, heißt es aus dem Aller-Leine-Tal zum Thema Hochwasserschutz. Auf einmal sei es in Hannover rege geworden.

Nachdem in den vergangenen Jahren für Planungen 260 000 Euro ausgegeben worden waren, hat das Land allein für das laufende Jahr 280 000 Euro freigegeben, um Ausschreibung und Vergabe der Ertüchtigung durchführen zu können. Dann könne es endlich losgehen, so Lucas.

Das niedersächsische Umweltministerium bestätigt, dass auch die Leistungssteigerung des Schöpfwerks in die Fördermittel eingepreist ist.

„Allein die Planfeststellungsverfahren dauern minimum ein Jahr. Wenn alles klappt, können wir 2026 bauen“, sagt Lucas. Zumindest wenn die Fördermittel des Landes dann auch bereitstünden. „Ich hoffe, dass das Geld nicht nur für ein paar hundert Meter reicht“, denn letztlich gehe es um drei Kilometer im Norden und drei Kilometer im Süden.

Auch in Hodenhagen besteht Handlungsbedarf, wie Deichverbandsvorsitzender Dr. Christoph Wasserfuhr klarmacht. Er hat gerade erst seine Analyse zum Hochwasserereignis fertiggestellt. Die Hochwasser führende Aller hatte in die Meisse und die Mühlenmeisse gedrückt und so verhindert, dass die gut gefüllte Meisse ihr eigenes Wasser abführen konnte. „Die Meisse hat ab der A 7 bis zur Mündung 4,8 Millionen Kubikmeter Wasser aufgestaut“, nennt Wasserfuhr die Dimension. Der Serengeti-Park habe dabei stark gelitten. Durch die großflächigen Regenereignisse sei es zu einer Addition beider Wasserströme gekommen. Jetzt sollen die beiden kleineren Zuflüsse durch ein Sperrwerk geschlossen werden können, sodass die Aller nicht mehr in die Meisse drücken, ein Pumpwerk das Wasser der Meisse dann aber über die Sperre heben könne. „Der Eingriff in die Natur ist marginal“, erklärt Wasserfuhr, da zu normalen Zeiten die Meisse unter dem Sperrwerk durchfließen könne. Das Projekt beinhaltet zudem die Errichtung eines zusätzlichen Walls von einem Meter Höhe und 300 Metern Länge.

Auch hier stehen jetzt 330 000 Euro für Planung und Ausschreibung zur Verfügung. Letztere soll in drei Monaten erfolgen. „Wir sind zuversichtlich, dass dieses Projekt eine sehr hohe Priorisierung bekommt“, so Wasserfuhr. Die Gesamtkosten liegen bei rund 5 Millionen Euro, der Wert des zu schützenden Guts aber bei 20 Millionen Euro – „ohne den wirtschaftlichen Verlust bei Produktionsausfällen“. Wenn alles gut laufe, könne der erste Spatenstich bereits 2025 erfolgen. Die Situation in Hodenhagen hat auch eine kommunalpolitische Dimension. Denn im Wahlkampf spielte zwischen den beiden Kandidaten um das Amt des Verwaltungschefs der Samtgemeinde Ahlden ein denkbares Jahrhunderthochwasser eine Rolle. Der letztlich gewählte Samtgemeindebürgermeister hatte ein solches Ereignis, das in einer Analyse von 2017 bereits skizziert worden war, als unrealistisch verworfen und seinen Gegner, Dr. Wasserfuhr, der Panikmache bezichtigt.

Bernhard Knapstein