Junger Wolf wohl illegal getötet

Im Bereich der Gemarkung Eggersmühlen/Wesseloh wurde dieser junge Wolfsrüde vermutlich am Silvestertag mit einem Jagdgewehr illegal erlegt.

Im Bereich der Gemarkung Eggersmühlen/Wesseloh wurde dieser junge Wolfsrüde vermutlich am Silvestertag mit einem Jagdgewehr illegal erlegt.

Während seiner langjährigen Tätigkeit als Bezirksförster für den Schneverdinger Bereich sowie aktuell als Bewirtschafter des Hofes Eggersmühlen und auch als Geschäftsführer einer Firma, die einen Flächenpool für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen betreibt, ist Hans Hermann Steiger viel in den Wäldern der Region unterwegs gewesen und hat dabei schon zahlreiche Wolfssichtungen erlebt. Eine derartige wie zum Jahresbeginn bis dato aber noch nicht: Ein junger Wolfsrüde, der vermutlich illegal mit einer Jagdwaffe erlegt wurde. Am späten Nachmittag des Silvestertages hätten Spaziergänger das Tier im Grenzbereich des Jagdreviers Eggersmühlen bei Wesseloh im Norden des Kreisgebiets entdeckt und ihre Beobachtung örtlichen Jägern mitgeteilt, die am Neujahrstag dann Steiger in Kenntnis setzten.

Da eine Suche aufgrund der eingebrochenen Dämmerung an dem Tag nicht mehr möglich gewesen sei, machte sich Steiger am Sonnabendmorgen gemeinsam mit dem jagdlichen Verwalter des Anwesens auf die Suche und wurde fündig: Wenige Meter vor der Grenze zum Revier Wesseloh lag das tote Tier. Umgehend wurde die Polizei informiert, die wiederum den Wolfsberater Rüdiger Tilk von den Bundesforsten Bergen/Munster hinzuzog.

Einschussloch bei Untersuchung entdeckt

Bei der Inaugenscheinnahme entdeckte der Wolfsberater das Einschussloch eines Projektils, das zu einer „ekelhaften Verletzung“ führte. „Das Tier konnte damit nicht mehr weit laufen“, vermutet Steiger, der nach eigenen Angaben selbst eine Jägerausbildung absolviert hat. Es sei daher wahrscheinlich, dass der Wolf ganz in der Nähe beschossen wurde, sich noch ein kurzes Stück durch den Wald schleppte und dann verendete.
Das zu klären, ist Aufgabe der Ermittlungsbehörden. Denn dieser illegale Abschuss erfülle den Straftatbestand. Steiger weiß, dass die Meinungen über den Wolf weit auseinandergehen.

„Der Wolf ist hierher zurückgekommen“

Die einen hielten ihn für einen Eindringling, „der hier nicht hin- gehört“ und forderten seine Verfolgung, die Aufnahme des Wolfs in des Jagdrecht.Steiger vertritt eine gegensätzliche Position: „Der Wolf ist hier nicht ausgesetzt worden, sondern er ist vielmehr hierher zurückgekommen.“ Er sieht im Wolf nach eigener Aussage sogar einen „wertvollen Mitarbeiter“, dessen Anwesenheit helfen könne, die Wildtierbestände in Grenzen und so beispielsweise Verbissschäden an jungen Bäumen niedrig zu halten und aufwendige Schutzzäune zumindest teilweise überflüssig zu machen.

„Man muss mit ihm leben,“ sagt Steiger – wissend, dass seine Sicht zum Thema Wolf bei vielen Jägern, aber auch Landwirten, die ihre Herdentiere im Freien weiden lassen möchten oder Schäfern und Eigentümern von Schnuckenherden auf Kritik stößt. Ein Fakt sei aber unstrittig: Unabhängig aller persönlichen Einschätzungen handelt es sich bei dem Vorfall im Eggersmühlener/Wesseloher Forst um eine Straftat. Denn der Wolf wird durch nationales und EU-Recht sowie international durch das auch von Deutschland ratifizierte Washingtoner Artenschutzabkommen streng geschützt.

Bis zu 50 000 Euro und sogar Freiheitsstrafe möglich

Bei Verstößen drohen strenge Strafen. Für Niedersachsen sieht der Maßnahmenkatalog eine Geldbuße bis 50 000 Euro und sogar eine Freiheitsstrafe vor. Dazu natürlich auch den Verlust der Jagdberechtigung.

Weil er ein Einschuss- aber kein Austrittsloch fand, geht der Wolfsberater davon aus, dass das Projektil noch im Kadaver steckt. Das werde die weitere Untersuchung ergeben, die Aufschluss über die verwendete Munition geben könnte. Allerdings sei davon auszugehen, dass das Projektil stark verformt ist. Am heutigen Montag werde der Wolfsberater den Kadaver zum zuständigen Leibniz-Institut nach Berlin schicken – ein gewöhnliches Vorgehen, wie Steiger betont. Die Untersuchung toter Wölfe erfolge automatisch im Institut für Zoo- und Wildtierforschung in der Hauptstadt (Leibniz-IZW), das deutschlandweit als Referenzinstitut für das sogenannte Totfundmonitoring von Wölfen fungiere.

Untersuchung in solchen Fällen obligatorisch

Alle Wolfskadaver durchliefgen dort ein an der Humanrechtsmedizin orientiertes Untersuchungsschema, welches Computertomographie, Sektion, sowie Histologie, Parasitologie, Virologie und Bakteriologie beinhalte. So könnten etwaige Erkrankungen oder der Kontakt mit Krankheitserregern abgeklärt werden. Routinemäßig werden alle toten Wölfe auf Parvovirose, Staupe, Tollwut, Aujeszkysche Krankheit, Infektiöse Leberentzündung der Hunde (Hepatitis contagiosa canis, HCC) und Trichinellose untersucht.

Die Untersuchungen auf Tollwut, Aujeszkysche Krankheit, HCC und Trichinellose werden von Kooperationspartnern des Leibniz-IZW, wie dem Friedrich-Löffler-Institut (FLI), dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und dem Landeslabor Berlin-Brandenburg durchgeführt. Im Zuge der Gesundheitsforschung am Wolf werden darüber hinaus alle Tierkörper auf die Infektion mit Leptospiren, Franzisellen und Coronaviren (Leibniz-IZW), resistenten Escherichia coli und Brucellen (BfR), Polyomaviren und Herpesviren (Robert Koch-Institut, RKI), Hepatitis-E-Virus (FLI) und Dirofilarien (Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, BNITM) untersucht. Er habe von diesem Vorfall zum Jahreswechsel noch nichts gehört, sagt Wolfgang von Wieding, der oberste Jäger des Heidekreises am Sonntag auf Nachfrage. Er könne sich daher erst äußern, wenn er den genauen Sachverhalt kenne.

„Kurti“ war der erste Fall in der Region

Wenn es sich so verhalte wie geschildert, wäre das auf jeden Fall ein schwerwiegender Vorgang. Und es wäre die erste und zudem illegale ihm bekannte Wolfstötung mit einem Jagdgewehr in seinem Zuständigkeitsbereich – und die zweite innerhalb des Landkreises, erinnert von Wieding an einen zurückliegenden Fall: Vor einigen Jahren war der als „Kurti“ bekanntgewordene „Problemwolf“ nach ministerieller Erlaubnis auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes erlegt worden.