Brötchen für hungrige Schüler: Elterninitiative sucht Nachwuchs

Der Verkauf in der ersten großen Pause läuft wie geschmiert: Brötchen-Oma Annegret Maiwald gibt die Brötchenhälften gegen einen Obolus von 30 Cent an die Kinder. Foto: jul

Viele Kinder kommen ohne Frühstück in die Schule. Spätestens in der vierten Stunde hängt der Magen in der Kniekehle und die Konzentration lässt nach, die Schüler werden unruhig. Lehrer Oliver Ippich hat dieses Phänomen schon öfters im Unterricht bemerkt und muss die Kinder daran erinnern, das Trinken und Essen nicht zu vergessen. Umso wertvoller wird die Initiative Brötchen-Eltern an der Kooperativen Gesamtschule in Schneverdingen (KGS) gesehen. Nur fehlt es an Ehrenamtlichen, die sich für einen Frühstücksdienst für die 5. und 6. Jahrgänge engagieren wollen.

Belegte Brötchen und Obst- und Gemüsesticks

Derzeit bringen sich sieben Aktive ein. Von Montag bis Donnerstag stehen zwei Personen bereit, um ab 8.30 Uhr rund 30 Brötchenhälften mit Marmelade, Mettwurst, Mortadella und Käse zu belegen. Zusätzlich gibt es Äpfel, Möhren, Gurke, die in mundgerechte Stücke geschnitten und wegen Corona nun hygienisch in Tüten kostenlos ausgegeben werden. Die Brötchen werden für 30 Cent in der ersten großen Pause verkauft. Der Schulförderverein subventioniert das Projekt. Ute Lonsing, deren Kinder bereits mit der Schullaufbahn durch sind, organisiert die Einteilung der Ehrenamtlichen und kümmert sich um den Einkauf. „Das Wichtigste ist die Verlässlichkeit“, sagt sie.

Wenig Bereitschaft in der Elternschaft

„Ich will was Positives mitgestalten“, sagt Wiebke Schmitt. Die Mutter von zwei Kindern im Alter von sieben und fünf Jahren ist seit drei Jahren bei den Brötchen-Eltern. Sie hat viele Jahre in Holland gelebt, da habe das Ehrenamt einen ganz anderen Stellenwert, stellt sie im Vergleich fest. Schmitt hat bereits fleißig auf Elternabenden geworben, aber bislang gibt es noch zu wenig konkrete Bereitschaft. Es gibt sogar Brötchen-Omas wie Annegret Maiwald, die nach mehreren Jahren Pause, wieder für das Projekt an die KGS zurückgekehrt ist. Sie hat mittlerweile eine Enkeltochter an der Schule.

Dramatische Szenen

Schmitt sieht nicht allein den Verkauf als das Wertvolle an, sondern auch das soziale Verhalten. „Manche Kinder sprechen keine ganze Sätze oder kennen nicht den Unterschied zwischen Mettwurst und Mortadella“, fällt ihr auf. Es gab sogar schon dramatische Szenen, wenn Kinder nicht das nötige Kleingeld dabei hatten. „Schüler standen weinend vor dem Verkaufstresen, weil Brötchen ausverkauft waren“, hat Schmitt erlebt und erinnert an die Ratlos-Studie, die vor zwei Jahren das Ergebnis brachte, dass die Kinder sich um Hunger bei Mitschülern sorgten. Für die KGS sind die Brötchen-Eltern ein fester Bestandteil des Schulalltags.

Kontakt zum Team

Wer das Projekt unterstützen will, meldet sich bei Ute Lonsing unter Mobil-Telefon 0173/9159265.

Ratlos-Studie

Bei der Schülerbefragung der „Rat?Los?“-Initiative in Schneverdingen, hinter der der Arbeitskreis Jugend und Prävention steht, kam 2018 heraus, dass sich die meisten Probleme der Jugendlichen um das Internet drehen: Stichwort Cybermobbing. Drogen und Alkoholmissbrauch traten erwartungsgemäß thematisch auch auf. Doch eine der überraschenden Erkenntnisse war, dass sich Schülerinnen und Schüler Sorgen um Hunger machen. Dabei ging es den Jugendlichen nicht um Essstörungen. Laut einer DAK-Studie kommen 27 Prozent aller Schüler in die Schule, ohne zuhause gefrühstückt zu haben. Das Phänomen ist bundesweit dokumentiert. Es gibt verschiedene regionale Initiativen in Kommunen, aber auch zum Beispiel die Brotzeit-Initiative von Schauspielerin Uschi Glas, die ebenfalls Frühstück für Kinder an Schulen organisiert.