Von Schülern gibt’s saure Drops für zu schnelle Autofahrer

Das Licht funktioniert nicht, stellen die vier Schülerinnen der 4c der Hermann-Billung-Schule am Fahrrad ein Frau fest. Diese verspricht ihnen, das schnell reparieren zu lassen. Foto: at

Da hatte die Autofahrerin Glück: Mit 47 Stundenkilometern fuhr sie nahe der Hermann-Billung-Grundschule in Soltau zu schnell. Tempo 30 ist erlaubt. Doch ein Verwarngeld forderten die Polizisten nicht. Einen sauren Drops, den muss sie dennoch lutschen.

Den überreichte ihr ein Viertklässler mit dem Hinweis, dass nicht nur das Zitronenbonbon sauer sei, sondern auch er und seine Mitschülerinnen und Mitschüler es seien, weil sie zu schnell gefahren ist.

Im Stadtgebiet waren am Donnerstag Polizisten vor den drei Grundschulen im Einsatz. Prävention stand bei der Aktion ganz oben an. „Wir wollen die Verkehrssicherheit der Kinder erhöhen“, erklärte Polizeisprecher Olaf Rothardt. Gerade rund um die Schulen gehe es darum, besonders aufmerksam zu sein.

Das sahen auch die Autofahrerinnen und Autofahrer ein, die an diesem Morgen kurz vor Schulbeginn von der Polizei gestoppt wurden, nachdem die Laserpistole eine meist nur geringe Tempoüberschreitung an der Straße Trift angezeigt hatte. Alle einte, dass sie einsichtig waren, ihre Fehler zugaben.

An der Hermann-Billung-Schule durften die 20 Kinder der Klasse 4c von Klassenlehrerin Silke Hackenberg nicht nur bei der Tempokontrolle, sondern auch bei der Überprüfung von Fahrrädern und Kindersitzen in Autos mithelfen. Drei Stationen waren dafür aufgebaut. Und an einer durften die jüngsten Verkehrsteilnehmer ein Polizeiauto von innen bestaunen.

Polizei und die beteiligte Grundschule erhofften sich von dieser Aktion, dass das Ansprechen durch Kinder den kontrollierten Verkehrsteilnehmern länger in Erinnerung bleibt und damit nachhaltiger wirkt – „zum Schutz der Schwächsten“, erklärte Rothardt.

Einen sauren Drops gibt’s für diesen Verkehrssünder an der Trift. Er war in der 30er-Zone etwas zu schnell unterwegs. Foto: at

In drei Jahren keine Unfälle

Zumindest in den letzten drei Jahren ist an der Hermann-Billung-, der Wilhelm-Busch- und der Freudenthalschule kein Unfall passiert, wie Polizei-Verkehrssicherheitsberater Frank Rohleder auf Nachfrage erläuterte. „Das ist aber gut, das wollen wir auch nicht.“

Dennoch gebe es brenzlige Situationen, seien es gerade die Eltern, die für schwierige Parkverhältnisse sorgten, wenn sie morgens ihre Kinder mit Autos bis vor das Schulgebäude bringen. Vor allem an der Hermann-Billung-Schule sei das ein Problem, werde auch in Elternabenden immer wieder thematisiert.

Rohleder warb deshalb dafür, die Kinder schon ein oder zwei Straßen vor der Schule aus dem Auto zu lassen, wenn sie denn mit dem Auto gebracht werden müssten. Dann würde das gefährliche Fahrzeuggetümmel vermieden, die Eltern behinderten sich nicht gegenseitig – und die Schülerinnen und Schüler lernten auf dem kurzen Weg auch etwas.

„Das ist zum Wohle der Kinder. Sie sollen ja die Teilnahme am Straßenverkehr lernen.“ Zudem appellierte Rohleder an die Eltern, nicht nur an das eigene Kind zu denken, sondern auch an alle anderen, die morgens mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur Schule kämen.

Gerade bei den Fahrrädern stellten die Neun- und Zehnjährigen einige Mängel auch bei ihren Mitschülern fest. Auf einem Zettel mit aufgedrucktem Fahrrad wurden die Stellen dann eingezeichnet, sodass die Eltern zu Hause wissen, was es zu reparieren gibt. Vor allem nicht funktionierende Beleuchtung war immer wieder ein Problem. Weniger zu tun hatten die Kinder bei der Kontrolle von Kindersitzen.

Dort kontrollierten sie aber auch Führerscheine und Fahrzeugpapiere. So erfuhr einer der jungen Polizeihelfer, wie seine Lehrerin in jüngeren Jahren ausgesehen hatte. Verraten sollte er das nicht, nahm sie ihm das Versprechen ab. Dazu nickte er zwar. Vergessen, so erklärte er ihr mit ernstem Gesicht, werde er das Foto aber nicht.

Froh waren nicht nur die Beamten, sondern vor allem die Grundschulkinder, dass nicht alle sauren Bonbons an Verkehrssünder verteilt werden mussten. „Zum Glück“, hieß es da nicht nur von den Bereitschaftspolizisten zu den ordnungsgemäß angeschnallten Kindern in den Autos der Eltern, sondern auch von den Viertklässlern.

Jeder von ihnen hatte bei der Einweisung Anfang der Woche nicht nur eine Warnweste, ein Beutel mit Polizeilogo, sondern auch drei saure Zitronenbonbons zum Verteilen bekommen. Die meisten durften die Schülerinnen und Schüler dann selbst essen, obwohl sie die Geschmacksknospen eher zusammenzogen, als streichelten: „Das macht nichts. Ich liebe sauer“, erklärte der neunjährige Titus aus der 4c.

63 Beanstandungen

Am Donnerstagmorgen kontrollierte eine Hundertschaft der Bereitschaftspolizei Lüneburg mit Unterstützung der Beamten aus der Polizeiinspektion Soltau an drei Grundschulstandorten die Verkehrsteilnehmer. Insbesondere die Polizistinnen und Polizisten aus Lüneburg freuten sich über die Aktion, sei sie doch mal etwas anderes, als Einsätze in Fußballstadien oder bei Demonstrationen.

An allen drei Grundschulen wurden laut Polizei 99 Fahrzeuge und 60 Fahrräder kontrolliert, wobei es 63 Beanstandungen gab.

Im Anschluss an die präventiven Kontrollen an den Grundschulen richteten die Einsatzkräfte ab 9.45 Uhr eine Kontrollstelle an der Lüneburger Straße/Ecke Vogelbeerweg sowie eine weitere an der Harburger Straße/Ecke Ebsmoor ein. Dort seien im Rahmen allgemeiner Verkehrskontrollen insgesamt 145 Fahrzeuge angehalten und 71 Ordnungswidrigkeiten geahndet worden. at