Kreistagsbilanz: Beschluss zum HKK ragt heraus

Der aufregendste und emotionalste Moment der zu Ende gehenden Kreistagslegislatur: Die Befürworter des HKK-Standorts F4 erheben sich bei der Abstimmung am 26. Juni 2020 in der Heidmarkhalle von ihren Plätzen. Foto: at

Der aufregendste und emotionalste Moment der zu Ende gehenden Kreistagslegislatur: Die Befürworter des HKK-Standorts F4 erheben sich bei der Abstimmung am 26. Juni 2020 in der Heidmarkhalle von ihren Plätzen. Foto: at

Fragt man die Sprecher der Fraktionen und Gruppen im Kreistag nach den „wichtigsten“ Themen, die in den zurückliegenden fünf Jahren dort behandelt wurden, werden in den meisten Antworten die Entscheidungen zum Heidekreis-Klinikum (HKK) und zur Unterschutzstellung des Aller- Leine-Tals genannt. Beide wur- den am 26. Juni 2020 in einer denkwürdigen siebenstündigen Marathonsitzung mit Mehrheitsbeschlüssen zumindest vorerst zum Abschluss gebracht.

Mit der Chance auf einen zentralen Neubau des HKK werde einen wichtiger Beitrag geleistet, die medizinische Versorgung im Heidekreis wohnortnah zu sichern, ordnet Torsten Söder (CDU), der Vorsitzende der mit 19 Mitgliedern größten Fraktion die mehrheitlich getroffene Festlegung auf den Standort F4 hoch an. Auch beim zweiten Hauptthe-ma seien wichtige Pflöcke eingeschlagen worden. Der Heidekreis brauche wirksamen Naturschutz. „Gemeinsam mit und nicht gegen Landwirtschaft“, betont Söder. Ein weiterer „wichtiger Fortschritt“ sei, dass die Altlasten im Dethlinger Teich jetzt fachgerecht entsorgt werden. Die Investitionen im Bildungsbereich, die Fortsetzung der Vereinbarung zur Förderung von Kindern in Tages- einrichtungen und die Unterstüt- zung der Schulen im IT Bereich zeigten, „dass wir viel in Bildung investieren und unser Bildungsangebot attraktiv ist“. „Stark vorangekommen“ sei der Breitbandausbau, da bestehe aber in vielen Bereichen noch Handlungsbedarf.

Sorgen bereiten dem CDU-Fraktionschef die Finanzen: „Die Haushaltskonsolidierung ist nicht so eingetreten, wie von uns erhofft.“ Die Defizitabdeckung des HKK, Investitionen in Bildung, Förderung der Kindertagesstätten und der Ausbau in ÖPNV sowie weitere Aufgaben erforderten erhebliche Mittel. Immerhin: Die Jahresergebnisse seien häufig erheblich besser als der Plan, was Überschussrücklagen ermögliche.

„Von A wie Abfallwirtschaft bis Z wie Zuwanderung“, sei vieles dabei gewesen. Zu den wichtigsten zählt Sebastian Zinke die Zukunft der Gesundheitsversorgung im Heidekreis, die Schulentwicklungsplanung inklusive Schulbau sowie den Ausbau des schnellen Internets im Heidekreis. Der Heidekreis hat sich nach Überzeugung des Chefs der 16 Köpfe zählenden SPD-Fraktion wirtschaftlich gut entwickelt. Das bedeute gute Steuereinnahmen, eine gute Situation auf dem Arbeitsmarkt und damit soziale Sicherheit für viele Familien. Man habe sich auch vorgenommen, die Vertragserfüllung durch den Erixx genau zu kontrollieren und Missstände aufzuzeigen, so Zinke. „Dies haben wir getan“ – mit der Folge, dass die Heidebahn ab Dezember nicht mehr vom Erixx, sondern von einer Gesellschaft der DB betrieben wird. Da sehe die SPD die angekündigte Schließung der Werkstatt in Soltau allerdings kritisch. Erreicht wurde auch ein Austausch des Landkreises und der Kommunen mit den Sicherheitsbehörden. Beispiel sei das Bündnis Räderwerk zur Bekämpfung organisierter Kriminalität.

Kein Konzept zur Nutzung von Solarenergie

„Es ist der Kreisverwaltung nicht gelungen, die Prioritätenliste im Schulbau abzuarbeiten“, kritisiert Zinke. Auch gebe es kein Konzept zur Nutzung der Solarenergie auf kreiseigenen Gebäuden. Und: „Nach den langen Monaten der Schulschließungen hätten wir uns ein kreisweites Programm für unsere Kinder und Jugendlichen gewünscht, das Lernrückstände und die fehlenden sozialen Begegnungen nachgeholt hätte.“

Die Gestaltung der zukünftigen Gesundheitsversorgung im Heidekreis, „dazu gehört auch die finanzielle Entwicklung des HKK“, sei ein wiederkehrendes Thema gewesen, sagt auch Dr. Hans-Peter Ludewig, der Sprecher der mit fünf Abgeordneten im Kreistag vertretenen Grünen. Die Beschlüsse zur Unterschutzstellung der FFH- und der Natura-2000-Gebiete verbucht Ludewig als Erfolg der Grünen – mit Einschränkungen: „Leider ein kleinerer Kompromiss, als wir gehofft hatten.“ Des Weiteren hebt er die Einführung des Schülertickets für den Sekundarbereich II vor, dessen Einführung nicht zuletzt der Beharrlichkeit seiner Fraktion zu verdanken sei.

Nicht zum erfolgreichen Abschluss gebracht werden konnte ein weiteres Umwelt-Anliegen, bedauert Ludewig, dass die von den Grünen beantragte Verschärfung der Klimarelevanzprüfung in der letzten Kreistagssitzung an der Mehrheit aus CDU, AfD und FDP gescheitert sei. Der hohe Schuldenstand des Kreises bereite ihm Sorge, so Ludewig. „Er ist aber nicht nur selbst verursacht.“

Als „kleine Fraktion“ sei es Anliegen der von zunächst fünf auf vier Mitglieder geschrumpften AfD-Gruppe gewesen, mehr Transparenz im Haushalt aufzuzeigen, verweist ihr Sprecher Bernhard Schielke darauf, dass „aufgrund unseres Antrages ein Teilhaushalt zu den Integrationskosten gebildet wurde“. Es seien „kritische Fragen und Anträge“ zu diversen Sozialleistungen in der Jugend- und Sozialhilfe wie auch im Kita- und Schulbereich gestellt worden.

Gleichwohl habe man vieles nicht erreicht: „Unser rechtssicherer Alternativvorschlag zur Befriedung der Anlieger bei der Schutzgebietsausweisung Aller-Leine-Tal wurde insbesondere von den großen Parteien mehrheitlich abgelehnt“. Unzufrieden ist der AfD-Sprecher auch damit, dass die Bekämpfung des Bezugs von, wie er meint, „ungerechten“ Sozialleistungen nicht vorangekommen sei. Erneut gescheitert sei man mit dem Vorstoß zur Wiedereinführung der sogenannten Retro-Autokennzeichen SOL und FAL. Und da sei noch die aus seiner Sicht falsche Entscheidung für den HKK-Standort F4.

Als Erfolg der FDP, die mit dem BU-Abgeordneten Klaus Grimkowski-Seiler eine Vier-Personen-Kreistagsgruppe bildet, bezeichnet Tanja Kühne den von den Liberalen angeschobenen Kreuzzug gegen das Jakobskreuzkraut. Die Initiative habe dazu geführt, dass in den Kommunen Entsorgungstonnen aufgestellt wurden. Als einzige Fraktion habe die FDP für die Förderung der Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) gestimmt. Im weiteren Verfahren hätten die anderen Fraktionen eingelenkt, und die FBG Walsrode konnte die Waldkartierung mit finanzieller Unterstützung des Kreises durchführen. Die Einführung eines Spätzugs aus Hannover mit Abfahrt um 23:51 Uhr vom Hauptbahnhof reklamiert Kühne als Ergebnis liberaler Bemühungen.

Mit diversen Anträgen und Anfragen habe man sich für mehr Transparenz eingesetzt und bei den Schutzgebietsausweisung gegen eine, so Kühne, „schleichende Enteignung“ gestemmt: „Wir waren die Stimme gegen pauschale und überbordende Verordnungen“. „Dranbleiben“ werde man beim Thema Jagdsteuer, für deren Abschaffung sie sich seit geraumer Zeit einsetzen, bisher vergeblich.

Als positives Ergebnis der demnächst endenden Legislatur begrüßt Klaus Grimkowski-Seiler die Anhebung des Kita-Zuschusses für die Kommunen, der Planungssicherheit für die kommenden Jahre bringe. Erfreulich sei, dass Werbetafeln unter bestimmten Voraussetzungen in den Sporthallen dauerhaft befestigt werden dürften.

Bei den Misserfolgen fällt ihm als Erstes die Entscheidung zum HKK ein: „Den vom Kreistag beschlossenen Standort F4 lehnen wir immer noch ab, fügen uns aber dem mit großer Mehrheit beschlossenen Votum“. Nicht vorangekommen sei man bei der Reduzierung der Landkreis-Verschuldung. Die Gründe lägen im umfangreichen Aufgabenfeld des Landkreises, meint der BU-Mann: „Zu viele und oft kostspielige Verpflichtungen.“

KreistagReinhard Vorwerk