Digitalisierung und Klimaschutz stehen oben an

Altbürgermeister Fritz-Ulrich Kasch im Gespräch mit Zehntklässlern der KGS Schneverdingen. Foto: js

Altbürgermeister Fritz-Ulrich Kasch im Gespräch mit Zehntklässlern der KGS Schneverdingen. Foto: js

„Warum wird der Schulneubau immer wieder vertagt?“ Dass die Podiumsdiskussion an der Oberschule Bomlitz mit dieser Frage anfängt, dürfte die anwesenden Kreispolitiker nicht überraschen. Erste einige Wochen zuvor war ein Teil des Schulgebäudes wegen eines Wasserschadens nach Regenfällen gesperrt worden. Mit 15, 16 Jahren wirkt Kommunalpolitik schon einmal langweilig und lebensfremd. Die Schüler der Oberschule Bomlitz erleben an ihrer Schule, welchen Einfluss Kommunalpolitik auf ihre Lebensrealität haben kann – im positiven wie im negativen Sinne.

Zur Podiumsdiskussion ins sanierungsbedürftige Schulgebäude sind fünf Kommunalpolitiker gekommen: Tanja Kühne FDP-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Sebastian Zinke, Vorsitzender der SPD im Heidekreis, Bernhard Schielke, Vorsitzender der AfD-Kreistagsfraktion, Holger Stolz, Kreistagsabgeordneter von Bündnis90/Die Grünen und Lars Böttcher, Vorsitzender der CDU im Stadtverband Walsrode. Die Diskussion haben die Neuntklässler der Oberschule zusammen mit ihrer Lehrerin Franziska Matthies selbst organisiert. Sie stellen außer der Moderation auch das Empfangskomitee, Security, Logistik, Dekoration und Catering.

Zur Wahl stellen lassen können sich die Neuntklässler noch nicht, nicht wenige von ihnen sind bei der Kommunalwahl aber wahlberechtigt. Für die Politiker ist dieser Termin damit durchaus Teil des Wahlkampfes, es gilt zu überzeugen.

Was das angeht, haben es die Politiker schwer. Die Erklärung, warum ein Neubau für die Schule, die auf der Prioritätenliste des Landkreises ganz oben steht, noch lange nicht in Sicht ist, lässt sich nicht gut verkaufen.

„Eigentlich steht die OBS ganz oben auf der Prioritätenliste. Es ist aber nicht gelungen, dass man es in die Umsetzung bringt. Warum? Das ist nicht so einfach zu sagen“, sagt Zinke. Und führt die Diskussion über eine mögliche integrierte Gesamtschule im Kreis als Verzögerungsgrund an. Kühne sieht diesen Punkt nicht. Das Problem sei, dass die Prioritäten auf Kreisebene nicht umgesetzt worden seien. Irgendwo hakt es immer, lässt sich die Argumentation der Politiker zusammenfassen. Einig ist man sich immerhin, dass etwas getan werden müsse.

Das Moderatorenteam, aus den Schülern Lina Söder, Josephine Reinhold, Kilian Böhm und Marvin Schramm hakt nach. Will wissen, welchen Teil der Schule die Kommunalpolitiker für die Gesundheit am bedenklichsten finden. Die waren vor Beginn der Podiumsdiskussion durch die Schule geführt worden. Die Räume, in denen bei der laufenden Sanierung der Wasserschadenräume Asbestrückstände gefunden worden, fällt Kühne die Auswahl deshalb nicht schwer.

Bildung ist das zweite große Fragefeld, das die Schüler vorbereitet haben. Wie die Vorstellungen der Partei mit Blick auf Schule und Corona sind und wie die Digitalisierung an den Schulen vorangetrieben werden kann, wollen sie wissen. Alle betonen, wie wichtig Digitalisierung in der Schule sei. Schulneubau, Bildung im allgemeinen, Digitalisierung, alles Themen die man bei 15- ,16-Jährigen erwarten würde. Die interessiert aber auch das Gemeindeleben, fragen, warum Brücken in der Eibia nicht restauriert werden und welche Vorteile die Fusion von Walsrode und Bomlitz hat. Die Kommunalpolitiker haben sie gut im Griff, bitten sich kurzzufassen, wenn mal wieder jemand ausholt. Sie selbst informieren sich über Politik mit der Tagesschau, erzählt später Moderatorin Lina Söder. Die Klassenlehrerin halte die Schüler dazu an. Das klassischste Nachrichtenformat als Informationsquelle der Jugendlichen – das überrascht.

Politisch informiert und interessiert ist auch das Moderatorenteam der Kooperativen Gesamtschule (KGS) Schneverdingen. Henny Schröder, Lea Cordes, Tim Ole Rosebrock und Robin Rudolf befragten Vertreter der Schneverdinger Kommunalpolitik bei einer Podiumsdiskussion. Ihre Fragen hätten sie danach ausgerichtet, was gerade für Jugendliche interessant sein könnte, erzählen sie. Rosebrock, Schröder und Cordes sind sich einig: Für sie ist Klimaschutz das mit Abstand wichtigste Thema. Für Rudolf ist es Inklusion.

Politiker sollen Sichtweise der Jugendlichen verstehen

Abseits der Themen sei für die Erstwähler, aber auf kommunaler Ebene für die Wahlentscheidung wichtig ist auch, welche Person mit ihrer Kompetenz am meisten überzeugen kann. „Und, wie alt jemand ist, ist auch ein Thema“, sagt Schröder. „Wenn jemand 15 Jahre im Rat ist, hat er natürlich Erfahrung, aber da ist die Frage, ob er die Sichtweise von Jugendlichen versteht.“

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion an der KGS haben 27 Kandidatinnen und Kandidaten die Chance, das unter Beweis zu stellen. Die 10. bis 13. Klassen nehmen an Gesprächsrunden mit den Kommunalpolitikern teil. Michael Schirmer (SPD) spricht mit einer 13. Klasse. Die Schüler sind interessiert, nutzen die Chance, Fragen zu stellen. Schnell kristallisiert sich das Thema Stadtentwicklung heraus. Es geht um die Fragen, wo in Schneverdingen noch gebaut werden kann und welche Folgen der Zuzug für die Stadt hat.

Ein Schüler will wissen, was für Projekte für Jugendliche geplant sind. Schirmer verweist auf den Ausbau der Freizeitbegegnungsstätte und nimmt die Jugendlichen in die Pflicht: „Wenn es um Ideen geht, was ihr wollt, dann brauchen wir euch“, sagt er und ruft dazu auf, seine Mailadresse fleißig nutzen.

Fritz-Ulrich Kasch (FDP) stellt sich einige Räume weiter den Fragen einer zehnten Klasse. Was er grundlegend im Heidekreis verändern würde, fragt eine Schülerin. Er gehe davon aus, dass es im Leben der Schüler noch Gebietsreformen im Kreis geben wird. Vielleicht Wietzendorf und Soltau und Bispingen und Munster eine Gemeinde werden. Er selbst glaube aber nicht mehr, das noch zu erleben. Sonst interessiert die Schüler vor allem Kaschs politische Biografie, der erst in der CDU war und jetzt in der FDP ist.

Um Parteien ging es auch nach der Podiumsdiskussion. Da konnten die Schüler an einer Wahl teilnehmen. Das Ergebnis: SPD 46 Prozent, Grüne 21 Prozent, FDP 13 Prozent, CDU 12 Prozent und SWG 8 Prozent.

ÜbersichtJanika Schönbach