Versorgung der Flüchtlinge hängt am Ehrenamt
Seit gut zwei, drei Wochen liegt das Willkommenheißen von Geflüchteten aus der Ukraine am Bahnhof in Bad Fallingbostel auf den Schultern Ehrenamtlicher. Gut 90 Frauen und Männer teilen sich die vielen Dienststunden dort, aber auch in der extra für die Erstausstattung aufgebauten Kleiderkammer in der Kreisstadt.
Die Ehrenamtlichen kümmern sich zunächst mit Rat und Tat um die Ankömmlinge. Am gestrigen Mittwochmittag hält ein Zug aus Hamburg, eine kleine Gruppe von Frauen steigt aus, wird von einer ukrainisch sprechenden Dolmetscherin begrüßt. Die Frauen tragen prall gefüllte Beutel und bei der frühlingshaften Wärme Winterjacken und Schals, mit denen sie aus der Ukraine geflohen sind. Kaffee und Hotdogs gibt es aus einem Holzhäuschen heraus. Dann fahren die Ehrenamtlichen die Frauen zum Ankunftszentrum nach Oerbke, wo sie sich registrieren müssen.
„Man sieht es an den Gesichtern. Sie sind traumatisiert, viele haben Angst und sind misstrauisch“, sagt Ulf Heinrich, einer von vielen Helfern. Er hat auch miterlebt, wie am vergangenen Wochenende die Lage am Bahnhof und in Bad Fallingbostel immer weiter eskalierte, weil das deutschlandweite Verteilsystem nicht funktionierte, die Menschen nicht nur wie vorgesehen über das Drehkreuz Hannover-Laatzen zum Ankunftszentrum in Oerbke geschickt wurden.
Dutzende stiegen da im Laufe des Sonnabends und des Sonntags im Halbstundentakt aus den Zügen aus Hamburg und Hannover. Sie sollten nach Oerbke. Jedenfalls stand diese Adresse auf ihrer sogenannten „Anlaufbescheinigung“, wie Landrat Jens Grote am gestrigen Vormittag erläuterte. Nachdem Hamburg und Berlin an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen waren, war das Ankunftszentrum Bad Fallingbostel-Oerbke als nächste Anlaufstelle registriert. 550 Menschen waren es am Ende, die die Kapazitäten in Oerbke sprengten und bald auch die der zum Teil kurzfristig aus dem Boden gestampften Notunterkünfte in der Heidmark-Halle, in der Glaubenshalle in Krelingen und in Hotels.
„Am Ende haben wir es geschafft, für alle eine Herberge zu organisieren. Ohne Ehrenamt und Menschlichkeit geht es nicht“, freut sich Bad Fallingbostels Bürgermeister Rolf Schneidern (SPD) über die Unterstützung von DRK, Johannitern und eben den vielen Ehrenamtlichen, die die brenzlige Situation meisterten.
Die meisten Menschen wurden am Ende per Bus nach Laatzen gebracht, wo es noch Kapazitäten gab und gibt. Sie werden von dort dann in die eigentlichen Kommunen verteilt, die zur Aufnahme bereitstehen.
„Wir haben andeutungsweise vor Augen geführt bekommen, wie es den Binnenflüchtlingen in der Ukraine geht, den Helfern in Polen und anderen Nachbarstaaten oder auch denen in Berlin“, sagt Grote. Es sei eine Herausforderung, die auch die Zivilgesellschaft fordere. Und er macht wenig Hoffnung, dass sich diese Erfahrung nicht noch einmal wiederholen könnte.
Kreis rechnet pro Woche mit 20 Vertriebenen
Rund 200 Unterkünfte im Heidekreis sind aktuell auf einer Internetliste der Kreisverwaltung von den Kommunen zur Unterbringungen von Vertriebenen aus der Ukraine gemeldet. Aber da sei eine große Dynamik drin, manche seien nur für eine gewisse Zeit verfügbar, einige werden direkt durch die Kommunen belegt.
Wenn die Verteilung der aktuell wohl mehr als 200000 Vertriebenen in Deutschland so erfolgt, wie es eigentlich vorgesehen ist, also über den Knotenpunkte Hannover-Laatzen, dürften pro Woche im Heidekreis rund 20 Menschen ankommen, die hier auch bleiben sollen.
Verteilt werden die Geflüchteten nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, danach muss Niedersachsen 9,7 Prozent der Menschen aufnehmen, der Heidekreis 1,75 Prozent. Aufgrund dieser Herausforderung, so Landrat Jens Grote, sei es weiter wichtig, freien Wohnraum zu melden.