Tourismus im Naturpark: Für die Region nicht mehr wegzudenken
Wie wirkt sich der Naturtourismus wirtschaftlich auf die Region des Naturparks Lüneburger Heide aus? Eine Studie der Universität Würzburg hat diese Frage empirisch untersucht und liefert konkrete Zahlen.
„Der Naturpark Lüneburger Heide hat 9 929 000 Besuchstage und ist damit der höchst frequentierte Naturpark in Deutschland.“ Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Universität Würzburg. Das Forschungsteam des Lehrstuhls für Geographie und Regionalforschung untersuchte, unter der Leitung von Prof. Hubert Job und der fachlichen Betreuung von Anna Frieser, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Tourismus im hiesigen Naturpark. Dafür befragten sie von Juni 2022 bis Mai 2023 über 13 000 Gäste innerhalb des Städtedreiecks Soltau, Buchholz und Lüneburg. Die Menge der Besuchstage zeige die immense Bedeutung des Tourismus, der Naherholung und damit auch eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für die Region, ordnet Hilke Feddersen, Geschäftsführerin des Naturparks, das Forschungsergebnis ein.
„Es ist häufig eine Frage aus der Politik und den Gemeinden, was denn der Mehrwert des Naturparks für uns ist.“
Vergangene Woche überreichte Frieser das Ergebnis der Studie an den stellvertretenden Vorsitzenden des Naturparks, Olaf Muus, an Feddersen und an Dr. Eick von Ruschkowski, Direktor der Alfred Töpfer Akademie in Schneverdingen, als Vertreter des Landes Niedersachsen. Die Akademie und der Naturpark unterstützten das Budget des Forschungsprojekts finanziell. Als Standort der Übergabe wurde einer der Befragungspunkte gewählt: das Büsenbachtal in Handeloh. 15 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Brasilien, Spanien, Österreich und weiteren Ländern waren ebenfalls zugegen. Sie waren im Rahmen einer internationalen Konferenz zur Besucherlenkung in Schutzgebieten in Camp Reinsehlen zu Gast.
Das Büsenbachtal ist nur einer von insgesamt zehn Standorten im Naturpark, an denen die Erhebungen durchgeführt wurden. Im Heidekreis gehörten der Wilseder Berg bei Bispingen, das Pietzmoor bei Schneverdingen und der Heide Park bei Soltau dazu. Warum wurde gerade die Lüneburger Heide als Forschnungsobjekt ausgewählt? Als erster Naturpark Deutschlands zeichne er sich besonders durch das Zusammenspiel von natürlichen und menschlichen Einflüssen aus, so Frieser. Das Ziel der Studie war es, die wirtschaftliche Bedeutung des Naturtourismus im Naturpark zu quantifizieren.
Touristische Wertschöpfung von 204 Millionen Euro
So sehen die Ergebnisse aus: Für die Region setzen sich die Besuchstage im Jahr 2022/2023 in eine touristische Wertschöpfung von insgesamt 204 Millionen Euro um. Dazu gehören die Ausgaben der Gäste und die vor- und nachgelagerten Leistungen vom Bäcker bis zum Handwerker. Rechnerisch können laut Forschungsbericht 6 786 Personen in der Region ihren Lebensunterhalt direkt oder indirekt durch den Tourismus in der Region bestreiten. Den Großteil der Touristen machen mit 78,8 Prozent Tagesgäste, meist aus den naheliegenden Städten Hamburg, Bremen und Hannover, aus. Im Schnitt gibt ein Tagesgast 26,70 Euro pro Tag aus, ein Übernachtungsgast dagegen 84,30 Euro. Letztere reisen in erster Linie aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein an.
Die Naturparktouristen im engeren Sinn machen nur 9,1 Prozent der Gäste aus, haben aber allein einen Anteil von 18,6 Millionen Euro an der touristischen Wertschöpfung. Diese Gäste wissen nicht nur um den besonderen Schutz des Naturparks, sie weisen ihm auch eine große bis sehr große Rolle bei ihrer Reiseentscheidung zu. Das Pietzmoor und der Wilseder Berg ziehen solche Gäste in besonders hohem Maße an, während für die Mehrheit der Gäste des Heide Parks Soltau dieser Aspekt eine eher untergeordnete Rolle spielt. Viele bleiben nicht nur einen Tag, verfügen über mehr Zeit, sich über den Naturpark zu informieren und geben zwangsläufig auch mehr Geld aus, welches der Region wirtschaftlich zugute kommt.
„Es ist häufig eine Frage aus der Politik und den Gemeinden, was denn der Mehrwert des Naturparks für uns ist. Dazu liefert die Studie der Universität Würzburg nun konkrete Zahlen“, sagt Muus, Bürgermeister von Hanstedt im Landkreis Harburg. Er stellt die Bedeutung des kreisübergreifenden Naturparks heraus: „Neben dem Schutz der Natur und dem Erhalt der vielfältigen Kulturlandschaft haben die Maßnahmen zum Naturerlebnis, ob Wander-, Rad oder Kutschwege, das Netzwerk regionaler Produzenten, die Bildungsangebote in Naturpark-Schulen und Kitas und natürlich der Heide-Shuttle auch eine zentrale Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Region und sind nicht mehr wegzudenken.“
„Erhalt der Landschaft und Tourismus stützen sich“
Der Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft stünde eben nicht gegensätzlich zu Tourismus und wirtschaftlichen Einnahmen, ergänzt Feddersen, sondern beides stützte sich gegenseitig. Eine Frage, die sich jetzt aus der Studie für die Region ableite, sei, wie es gelingen kann, die Tagesgäste innerhalb der recht kurzen Aufenthaltsdauer für die Inhalte und Belange des Naturparks zu sensibilisieren, bestätigt Muus auf Nachfrage.
Das Interesse läge erst einmal daran, zu wissen, wer kommt, was die Gäste machen und welche Konflikte entstehen können, sagt von Ruschkowski. Eine positive Stimmung vor Ort sei ebenfalls wichtig, denn es nütze nichts, wenn Gäste den Eindruck haben, dass sie nicht willkommen seien.
In den zurückliegenden 25 Jahren lag der Blick der Forschung vonseiten der Universität Würzburg auf dem Monitoring der Nationalparke und Biosphärenreservate in Deutschland. Das dort bereits angewendete methodische Verfahren setzte das Forschungsteam nun für eine Auswahl an Naturparke an. Derzeit werden noch Analysen in anderen Naturparks durchgeführt. Die Ergebnisse sollen Ende 2025 vorliegen und eine bundesweite Hochrechnung der regionalökonomischen Effekte ermöglichen.