Pastorin Meike Drude leitet jetzt die Telefonseelsorge

Pastorin Meike Drude leitet die Telefonseelsorge Soltau und ist für gut 50 Ehrenamtliche verantwortlich. Insgesamt deckt das telefonische Hilfsangebot mehrere Landkreise ab, in denen gut 700000 Menschen wohnen. Foto: at

Die Telefonseelsorge Soltau steht unter neuer Leitung. Pastorin Meike Drude hat die Aufgabe im November von Petra Horn übernommen. Die Pastorin ist in die Krankenhausseelsorge am Diakonieklinikum in Rotenburg gewechselt.

Für Drude, knapp über 60 Jahre alt, ist es noch einmal eine „echte Herausforderung“, wie sie sagt. Sie weiß, dass das Zuhören und das Gespräch am Seelsorgetelefon fordernd sein können. Schon seit längerer Zeit ist sie Teil des zur Telefonseelsorge gehörenden Chat-Teams, das sich via Mobiltelefon Hilfesuchenden annimmt, die einsam sind, krank sind, Ängste und häufig auch Suizidgedanken haben, aber auch bei Konflikten in der Familien ein offenes Ohr benötigen. Sie will noch einige Zeit hospitieren und ab Dezember selbst in den Dienst am Telefon einsteigen, ihre Hauptaufgabe aber ist das Organisieren der Abläufe.

Drude ist seit sechs Jahren Krankenhausseelsorgerin am Heidekreis-Klinikum und in der Rehaklinik Mediclin, zudem hat sie bislang Aufgaben im Kirchenkreis wahrgenommen. Diese gibt sie ab und teilt nun ihre jeweils halben Stellen zwischen Krankenhaus- und Telefonseelsorge auf.

Pastorin Drude ist damit das Gesicht der Menschen, die Tag und Nacht angerufen werden können. Ansonsten ist über die Ehrenamtlichen, knapp 50 sind es, die die Telefonseelsorge überhaupt möglich machen, wenig bekannt. So solle es auch sein, erklärt Drude. Schutz und Abstand seien für die Anzurufenden unerlässlich, damit sie ihre Aufgabe erfüllen können.

Eines ist bekannt: Das Büro der Telefonseelsorge befindet sich in Munster. Dorthin fahren die Ehrenamtlichen, die nicht nur aus dem Heidekreis, sondern auch aus Lüneburg und Celle kommen, zum Telefondienst. Die Anrufe, die dort eingehen, können aus ganz Deutschland kommen, falls andernorts besetzt ist.

Auf dem Papier verantwortlich ist die Telefonseelsorge, die vom Kirchenkreis Soltau getragen wird, für mehr als 700000 Menschen, von Nienburg im Westen bis zur Kreisgrenze von Lüchow-Dannenberg im Osten, von Harburg im Norden bis nach Celle im Süden.

„Aber wir schaffen es nicht mehr, das Telefon rund um die Uhr und jeden Tag zu besetzen“, bedauert die neue Leiterin. Eigentlich müssten zwischen 80 und 120 ausgebildete Ehrenamtliche zur Verfügung stehen.

In der Coronazeit seien einige abgesprungen oder ließen ihr Engagement ruhen. „Manche Leute sind daher sehr lange in der Warteschleife“, erklärt Pastorin Drude die „nicht gute“ Auslastung der Telefonseelsorge Soltau von nur noch 40 Prozent.

Meike Drude hat die Aufgabe der Telefonseelsorge jetzt von ihrer Pastorenkollegin Petra Horn übernommen. Horn wechselte in die Krankenhausseelsorge nach Rotenburg. Foto: Löding

Krisen dieser Zeit am Seelsorgetelefon

Die Mehrzahl der Menschen, die die Nummer der Telefonseelsorge wählen, sind zwischen 50 und 70 Jahre alt, viele sind einsam. Die Coronazeit hat die Einsamkeit noch verstärkt, dieses Thema weiter in den Vordergrund gerückt. Sechs Telefonseelsorgebereiche gibt es in der Landeskirche Niedersachsen, die kleinste betreuen die Ehrenamtlichen von Munster aus.

In der Örtzestadt befindet sich das Büro der Telefonseelsorge. Die dortige Technik sichert die Anonymität der Anrufer. Häufig wünschen sich die Seelsorgerinnen und Seelsorger zudem die Trennung dieser Aufgabe von der eigenen Familie, vom eigenen Umfeld, nehmen deshalb auch weitere Wege auf sich.

Mitte November wurde Drude in ihr neues Amt eingeführt. Sie ist nun für die Ehrenamtlichen und deren Einsatzzeiten verantwortlich, hört zu, organisiert die Supervisionsgruppen, fängt kritische Situationen ab. Jedes Jahr gibt es einen Kurs für die Nachwuchsgewinnung.

Die Ausbildung läuft über zehn Tageseinheiten und mit Hospitationen. Die Kommunikation wird trainiert, aber auch die Selbstfürsorge, zudem gibt es Schulungen zu psychischen Krankheitsbildern, Tod und Sterben. Im Frühjahr können sich Interessierte vorstellen, Kontakt gibt es unter www.telefonseelsorge-soltau.de. Die Ehrenamtlichen verpflichten sich für zunächst drei Jahre zwölf Stunden im Monat Dienst am Telefon zu tun.

„Wir haben viel mit Menschen zu tun, die psychisch auffällig sind, die Suizidgedanken haben“, erklärt Drude. Mittlerweile hörten die Ehrenamtlichen nach Corona auch von anderen Krisen, von Ängsten die Wohnung zu verlieren, die Energiekosten nicht mehr bezahlen zu können: „Schreckliche Dinge.“

Doch ihre Aufgabe sei es nicht zu beraten: „Wir hören zu und versuchen, dass der Anrufer selbst einen Weg aus der Krise findet.“ Dafür wissen die Ehrenamtlichen über Beratungsstellen Bescheid. Es gehe darum, dass der Mensch am Telefon selbst erkennen müsse, wie es weitergehen kann, er selbst den ersten Schritt tut. „Das setzt voraus, dass der andere will“, so die Pastorin. Sie jedenfalls ist sich sicher, dass bei ihrer neuen Aufgabe ihre Lebenserfahrung ein Vorteil ist.

Ein offenes Ohr für alle Anliegen

Die Liste der Probleme und Krisen, die Menschen belastet, ist lang. Probleme in der Beziehung, Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz, Arbeitsplatzverlust, Sucht, Krankheit, Einsamkeit, Sinnkrisen, spirituelle Fragen oder Suizidalität gehören dazu. Die Telefonseelsorger sind rund um die Uhr über Telefon (0800) 1110111 oder (0800) 1110222 zu erreichen, per Mail und Chat unter online.telefonseelsorge.de. Um frei sprechen zu können, bleibt der Anruf anonym. Es liegt bei der Anruferin oder beim Anrufer, welche Informationen weitergegeben werden. bz