Vorbildliches Engagement für gelebte Demokratie

Lehrer Thomas Sandkühler (von links) steht maßgeblich hinter dem Demokratie-Konzept der KGS, das von den Schülersprechern Yasemin Bostan, Henny Schröder und Tim Ole Rosebrock erklärt wurde. Minister Grant Hendrik Tonne überreicht die Auszeichnung. Foto: jul

„Demokratie hat es verdient, dass wir uns für sie einsetzen“, sagt Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Auseinandersetzungen könnten auch zäh und anstrengend verlaufen, vielleicht sogar mal ärgerlich, aber letztlich sei der Streit in der Sache alternativlos. Der Respekt untereinander sei aber Voraussetzung dafür. Dazu gehöre auch, für unterschiedliche Positionen Verständnis zu zeigen. „Man muss nicht immer einer Meinung sein“, sagt er weiter. Er beschreibt damit explizit die Qualität von gelebter Demokratie. Wie dies ganz konkret gelingen kann, zeigt die Kooperative Gesamtschule Schneverdingen (KGS). Für das vorbildliche Engagement hat der Kultusminister sie am Montag als Demokratieschule ausgezeichnet.

"Wirken geht über Schule hinaus"

Damit gehört die weiterführende Schule zu 15 Schulen in Niedersachsen, die sich mit dieser Auszeichnung schmücken darf. Im Heidekreis ist sie sogar die einzige Schule. Darüber hinaus gibt es landesweit noch zehn weitere Lernorte, deren Wirken damit besonders gewürdigt wird. Mit der Bewerbung habe die KGS gezeigt, dass sie sich um die „Nachhaltigkeit der Menschenrechte“ bemühe. Was Tonne weiter hervorhebt: „Das Wirken geht über die Schule hinaus.“ Dies zeigt Schulleiter Mani Taghi-Khani mit seinem Kollegium und den engagierten Schülern in einer ausgefeilten Feierstunde. Nachdem die drei Schülersprecher Tim Ole Rosebrock, Henny Schröder und Yasemin Bostan aus der Oberstufe im Forum der KGS das bewährte Format „Politik persönlich“, Fahrten zu KZ-Gedenkstätten und dem Gedenkmal am Bahnhof vorgestellt hatten, überzeugen sich der Minister und die Gäste von der Umsetzung des aus Schülerhand geplanten Gedenkortes am Bahnhof persönlich. Das Schulorchester unter Leitung von Jürgen Heusler spielt zur Einstimmung die Filmmusik von „Schindlers Liste“. Das Solo an der Geige teilen sich die Schüler Ben Waidhas und Minou Taghi Khani. Aus Pietät verzichtet das Ensemble auf Applaus, stattdessen hält das Publikum kurz inne.

Schneverdingen tat sich schwer mit Gedenken

Schülersprecherin Yasemin Bostan führt den Minister anschließend durch den Gedenkort. Auch Dieter Möhrmann, als ehemaliger Landtagspräsident, und wie der ehemalige KGS-Lehrer Adolf Staack um die Geschichtsaufarbeitung des Holocaust bemühter pensionierter Politiker berichtet von dem Gedenkstein, der erst durch die Diskussion um das von Schülern initiierte Projekt wieder zum Vorschein kam. Schneverdingen hatte sich bis dato schwer getan, über die Vergangenheit zu reden. Just als der Minister mit seiner Laudatio beginnt, fährt eine Regionalbahn ein. „Hier fährt ja doch ein Zug“, sagt Tonne spontan und signalisiert, um die Schwierigkeiten mit dem Zugverkehr im Heidekreis zu wissen. Doch wie viel Verspätung der Zug hat, weiß in diesem Augenblick niemand. Schulleiter Taghi Khani hatte die Zeremonie extra so getaktet, dass kein Zug stören sollte.

Auszeichnung als Demokratieschule

Das Niedersächsische Kultusministerium hat erstmals die Auszeichnung Modellorte der Demokratie ausgelobt. Dazu gehören Schulen, aber auch Lernorte der Demokratiebildung. Anlass war die zuspitzende Polarisierung in der Gesellschaft, die zunehmende Demokratieskepsis sowie Hassbotschaften (Hatespeech) im Internet. 39 Schulen hatten sich im vergangenen Jahr darum beworben, 15 sind nun als Preisträger auserkoren. Die KGS ist im Heidekreis die einzige Schule, die ausgezeichnet wird. Die Euthanasie-Gedenkstätte in Lüneburg ist in diesem Zusammenhang als Lernort gewürdigt worden.