Ein Dorf wehrt sich gegen zu viele Auflagen

In der neuen Dorfgemeinschaftsanlage in Oerrel fühlen sich die Bewohnerinnen und Bewohner nicht gut aufgehoben. Die Nutzungsbedingungen hatten sich im Vergleich zur alten Halle verschärft und schränkten die Vereine zu stark ein. Foto: akü

Ein Dorf will sich sein Gemeinschaftsgefühl zurückholen. Wochenlang haben die Oerreler darüber diskutiert, warum ihr gesellschaftliches Leben so schwerfällig geworden ist: Treffen in der neuen Mehrzweckhalle müssen zwei Wochen vorher angemeldet werden, private Feiern sind tabu, die Räume sind im Winter zu kalt. Was früher spontan und durch Zuruf funktionierte, läuft heute umständlich über Verwaltungswege – und bremst das Dorf aus.

Jetzt machen die Oerreler ernst. Am 8. Dezember, 19 Uhr, soll im alten Sportlerheim der neue Unterhaltungs- und Förderverein Oerrel gegründet werden. Ziel: Das Gebäude selbst übernehmen – als Dorfgemeinschaftshaus, betrieben vom Dorf. Unabhängig, verlässlich, unkompliziert. So wie früher, als Geburtstage, Einschulungen und Dorfrunden dort selbstverständlich waren.

Den aktuellen Stand stellte Ortsvorsteher Dirk Freese jüngst bei der Einwohnerversammlung vor. Er erinnerte daran, wie die Idee entstand: „Der Sportverein geht aus dem Sportlerheim raus, das geht somit in Besitz der Stadt zurück, und wir haben die Gelegenheit, da eine Art Begegnungsstätte, ein eigenes Dorfgemeinschaftshaus einzurichten.“ Seit dem Frühjahr 2024 gibt es zwar die renovierte Mehrzweckhalle im Ort, mit Feuerwehr, Kita-Räumen und Vereinsbereichen. Doch viele Oerreler fühlen sich dort durch strenge Auflagen eingeschränkt. Bei Treffen der Einwohner wurde das Problem klar benannt: Spontane Treffen sind kaum möglich, private Feiern generell untersagt, und im Winter liegt die Raumtemperatur bei 18,5 Grad. Für viele Gruppen, vor allem Seniorinnen und Senioren, „schlicht zu kalt“.

Die frühere Praxis, Räume im Dorf unkompliziert miteinander abzustimmen, sei verschwunden. „Plötzlich mussten sowohl das Rote Kreuz als auch unser Verein erst bei der Stadt anfragen, und die fragte dann bei der Feuerwehr nach“, berichteten Mitglieder des Vereins Schönes Oerrel. Vieles, das früher direkt im Dorf geregelt wurde, laufe jetzt über die Verwaltung. Und das bremst das Gemeinschaftsleben spürbar aus.

Das ehemalige Sportlerheim ist noch Vereinsheim des Sportvereins Eintracht Munster. Im Sommer endete dort der Sportbetrieb, das Gebäude fällt an die Stadt zurück. Die Oerreler wollen es erhalten. Torsten von Scheffer, eng eingebunden in die Initiative, sagt: „Im Moment ist alles im Fluss. Wir haben Gespräche geführt, aber die Stadt will jetzt Zahlen sehen: Wie soll das funktionieren? Wie finanzieren wir das? Und wie sehen unsere Pläne konkret aus?“ Antworten darauf sollen Verein und Wirtschaftlichkeitsberechnung liefern.

Altes Gebäude, neue Perspektive

Das ehemalige Sportlerheim hat Geschichte: 1940 als Gerätehaus gebaut, später Treffpunkt für Feste, Geburtstage, Dorfgemeinschaftsabende, Einschulungen und Vereinsleben. Es diente dem örtlichen Sportverein Oerrel als Treffpunkt und Umkleide. In den 1960er-Jahren entstand das Gebäude in Nachbarschaft zum Sportplatz, um den Fußballspielern und anderen Sportlern eine feste Anlaufstelle zu bieten. Mitglieder und Freiwillige des Vereins errichteten das kleine Haus in Eigenleistung. Schließlich übernahm der Sportverein Eintracht Munster das Sportgelände sowie das Heim.

Andree KüselKommentieren