Ein bisschen Pride im Heidekreis

Engagiert für die Etablierung eines CSD im Heidekreis: Marie Lou (von links), Minou Wörner, Miss Ginger und Klaus Schalow.

Der Pride-Monat Juni steht vor der Tür, schon jetzt gibt es erste CSD-Veranstaltungen, die unter Bezugnahme auf die historische Polizeigewalt gegen Homosexuelle in der New Yorker Christopher Street für Vielfalt und Toleranz gegenüber sexuellen Minderheiten werben. Für den aus Walsrode stammenden Travestiekünstler und Aktivisten Thorsten Lampe begann mit dem CSD in Burgdorf bei Hannover am 24. Mai ein kleiner Veranstaltungsmarathon. Er steht bei verschiedenen Events als Miss Ginger auf der Bühne beziehungsweise winkt vom Paradewagen. Auf Burgdorf folgen Oldenburg, Magdeburg, Wolfsburg und eventuell auch noch Verden und Stendal. Besonders am Herzen liegt dem Wahl-Berliner aber selbstverständlich der kleine CSD in der alten Heimat. Lampe hat die Veranstaltung mit einigen Mitstreitern im vergangenen Jahr das erste Mal auf die Beine gestellt. Die Resonanz war ein wenig enttäuschend, aber entmutigen lässt er sich davon nicht. In kleinen Orten wie Walsrode einen CSD zum Laufen zu bringen, das erfordert Ausdauer. Dass solche Veranstaltungen wichtig sind, um queeres Leben auch außerhalb der Großstädte sichtbarer zu machen, steht für Lampe außer Frage.

„Eingeladen sind alle, die sich für eine offene Gesellschaft einsetzen“

Ein erstes offizielles Vorbereitungstreffen für den CSD in Walsrode hat bereits stattgefunden. Fünf engagierte Menschen kamen zusammen. Sie sind entschlossen, am 20. September „ein sichtbares Zeichen für Vielfalt und Akzeptanz im Heidekreis“ zu setzen, wie es in der offiziellen Veranstaltungsankündigung heißt. Vorgesehen ist ab 13 Uhr ein Marsch durch die Innenstadt bis zum Kirchplatz. Dort stehen Musik, Gespräche und ein fröhliches Zusammensein auf dem Programm. „Eingeladen sind alle, die sich für eine offene Gesellschaft einsetzen“, sagt Lampe und betont, dass weitere Unterstützer und Spenden benötigt werden.

„Wir freuen uns über jeden Beitrag, um die Organisation, die Veranstaltung und Aufklärung zu ermöglichen.“ Kontakt ist per E-mail an info@queer-heidekreis.de möglich. Außerdem können Interessierte am nächsten „bunten Spaziergang“ der Gruppe teilnehmen und dort die Menschen hinter dem CSD Heidekreis persönlich kennenlernen. Treffpunkt ist am 28. Juni um 15 Uhr auf dem Parkplatz am Klostersee in Walsrode.

Werte und wirtschaftliche Interessen

Das zarte Pflänzchen des Walsroder CSD kann freilich nicht aufwiegen, dass ein über die Region bekanntes Aushängeschild der queeren Szene im Heidekreis nach fast 20 Jahren ziemlich abrupt verschwunden ist: Der Soltauer Heide-Park hat seinen „Rosa Tag“, eine seit 2006 jährlich ausgerichtete Pride-Veranstaltung für die LGBTQ-Community, abgeschafft. Die Entscheidung sei „ausdrücklich keine Entscheidung gegen queere Menschen, sondern ist der Neuausrichtung bei den Events geschuldet“, heißt es dazu beim Hamburger Verein CSD Nord, der die Veranstaltung bislang in Kooperation mit dem Freizeitpark durchführte. Man sei überzeugt, dass der Heide-Park seinen Werten treu bleibe. Der Parkleitung selbst äußert sich ähnlich (BZ vom 28. März.

Die Streichung der Veranstaltung ausgerechnet in dieser Zeit wirft gleichwohl Fragen auf und sorgt für Verunsicherung. „Der ‚Rosa Tag‘ war über viele Jahre hinweg ein Leuchtturm der LGBTQ+-Sichtbarkeit in Norddeutschland“, heißt es etwa im überregionalen Szene-Männermagazin Schwulissimo. „Sein Ende ist nicht nur für Besucher des Heide-Parks ein Verlust, sondern auch ein Einschnitt für die Community, die solche Plattformen dringend benötigt. Ob und wie ähnliche Events künftig stattfinden werden, bleibt abzuwarten.“

Die Rahmenbedingungen verschlechtern sich jedenfalls. Durch den allgemeinen Rechtsruck in der Gesellschaft und ganz konkret den Feldzug des US-Präsidenten gegen „Wokeness“. Die großen CSD-Vereine etwa in Köln und Berlin, die jedes Jahr Pride-Veranstaltungen mit Hunderttausenden Besuchern organisieren, drohen in finanzielle Schieflage zu geraten, weil sich zahlreiche US-Sponsoren zurückziehen. Donald Trump droht Unternehmen, die sich öffentlich für Diversität einsetzen und DEI-Programme auferlegen, unter anderem mit dem Entzug staatlicher Aufträge und der Versagung von Fusionserlaubnissen. Die Abkürzung DEI steht für Diversity, Equity und Inclusion (Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusion). Betreiberin des Soltauer Heide-Park-Resorts ist die britische Merlin Entertainments Group. Das Unternehmen ist weiterhin Mitglied des internationalen Employers Network for Equality & Inclusion (ENEI), das sich genau für die Ziele einsetzt, die der US-Regierung unter Trump ein Dorn im Auge sind. Gleichzeitig hat es aber starke wirtschaftliche Interessen in den USA und betreibt dort unter anderem das Legoland Florida Resort und den frisch eröffneten Peppa Pig Theme Park in Dallas.