„Er macht einen guten Job“

Die vielleicht größte Herausforderung für Landrat Jens Grote (links), hier mit Klinik-Chef Dr. Achim Rogge, dürfte die Zukunftssicherung des Heidekreis-Klinikums gewesen sein. Foto: at

Mit Bedauern und überrascht reagiert die Politik im Heidekreis auf den angekündigten Rückzug von Landrat Jens Grote. Über Parteigrenzen hinweg herrscht größtenteils Einigkeit in der positiven Bewertung seiner Person und Amtsführung.

Er sei eher traurig und auch sprachlos, betonte CDU-Fraktionschef Torsten Söder. Die Begründung für den Schritt und letztlich die Entscheidung, nach fünf Jahren nicht erneut zur Wahl anzutreten, könne er aber nachvollziehen. Nach Einschätzung des Christdemokraten war und ist Grote ein sehr guter Landrat, der immer an der Sache orientiert gearbeitet und eigene Positionen klar formuliert und vertreten habe. Er sei niemand, der sich vor Verantwortung und Führung verstecke, so Söder. Die Zusammenarbeit Grotes mit der CDU-Fraktion bewertet er als stets sehr angenehm und vertrauensvoll. Er sei sich sicher, dass sich das bis zum Ende der Amtszeit auch nicht ändern werde.

Dass es bis dahin noch einige dicke Bretter zu bohren gilt, weiß aber auch Söder. Die Haushaltsdebatte stehe an, möglicherweise auch noch eine über den Zusammenschluss der Kreissparkassen im Heidekreis. Dass Grote die Prozesse bis zum Ende der Amtszeit auf seine Art und Weise begleiten werde, war sich Söder sicher.

Klar sei, dass die CDU sich erneut hinter einem Kandidaten Grote vereint hätte. Nun gehe es darum, sich über die Nachfolge zu verständigen. „Eine große Aufgabe“, weiß Söder. Noch habe man keinen Fahrplan, übermäßig Zeit bleibe aber nicht. Mit Blick auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger formuliert der CDU-Fraktionschef klare Anforderungen, die von Führungskompetenz, Erfahrung, Integrität und Verantwortungsbewusstsein bis hin zu Kommunikationsfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, aber auch Kompromissbereitschaft, Belastbarkeit, strategischem Denken, Gestaltungswillen und „idealerweise regionaler Verbundenheit“ reichen. Eine Absprache mit anderen Fraktionen, wie 2021 mit der SPD, gebe es noch nicht. Abgeneigt scheint Söder aber nicht, abermals ein breites Wahlbündnis zu schmieden.

Für die Sozialdemokraten reagierte stellvertretende Fraktionsvorsitzende und stellvertretende Landrätin Tatjana Bautsch mit Bedauern auf die Ankündigung Grotes, nicht erneut zu kandidieren. Zugleich zeigt die Schneverdingerin Verständnis für den Schritt. Denn neben dem hohen Arbeitspensum und den Wochenenden, die im Amt bisweilen auch draufgingen, sei auch die Pendelei zwischen Wohn- und Arbeitsort belastend. „Und zu beachten ist auch, dass er bei der nächsten Wahl für acht Jahre antreten müsste“, verweist Bautsch auf die verlängerte Amtszeit. Das wolle gut überlegt sein. Grote mache jedenfalls „einen guten Job“ und setze sich positiv von seinem Amtsvorgänger ab.

Carsten Gevers war von dem Rückzug Grotes überrascht. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag schließt sich dem allgemeinen Bedauern an. Er habe persönlich immer gut mit dem Landrat arbeiten können. „Er hatte immer ein offenes Ohr für unsere Themen und hat das verwaltungsrechtlich konstruktiv-positiv begleitet“, so Gevers. Über eine mögliche Nachfolge habe man sich bei den Grünen noch keine Gedanken gemacht.

Ähnliches ist von der Gruppe FDP/Bürgerunion zu hören. Man habe Grote bei seiner Kandidatur unterstützt und für ein gutes Wahlergebnis gekämpft, so Gruppenvorsitzender Otto Elbers. Auch wenn es Reibungspunkte wie etwa bei der Zusammenlegung der beiden Krankenhäuser gegeben habe, hätte man Grote bei einer erneuten Kandidatur doch wieder unterstützt. „Er hat sich in kürzester Zeit in alle Vorgänge und Aufgaben eingearbeitet, die Verwaltung neu organisiert und ein gutes Miteinander bei den Mitarbeitern gepflegt“, hebt Elbers zur Begründung hervor. Auch die Zusammenarbeit zwischen Kreistag und Verwaltung habe „zu unserer vollsten Zufriedenheit geklappt“. Die privaten Gründe, nicht noch eine Wahlperiode dranzuhängen, kann Elbers als Vater nachvollziehen. Die frühzeitige Information begrüße man. „Jetzt haben wir ausreichend Zeit, einen Nachfolger zu suchen.“

Auf einen besonderen Aspekt mit Blick auf künftige Kandidaten verweist Sozialdemokratin Bautsch. „Der Heidekreis ist schon speziell, im Vergleich zu benachbarten Kreisen wie Lüneburg, Uelzen oder Celle. Die haben alle ein Zentrum, eine einzige Kreisstadt – bei uns herrscht permanentes Gerangel“, verweist sie auf die historische Last im Zusammenhang mit der letzten Kreisgebietsreform. Da habe sich Grote von Anfang an gut darauf vorbereitet, er habe überall gleichermaßen Präsenz gezeigt. Ein Kriterium, das vielleicht auch für künftige Kandidaten von Relevanz sein könnte.

Verständnis für den Rückzug gebe es auch in der AfD, so deren Fraktionsvorsitzender Bernhard Schielke. Dass Grote mehr Rücksicht auf seine Familie nehmen wolle, könne er nachvollziehen. Wie belastend ein Amt sein könne, habe man in Soltau vor einem Jahr erfahren, als der damalige Bürgermeister seinen Rücktritt ankündigte. Allerdings habe man im Kreis mit der Berufung der zweiten Kreisrätin Cornelia Reithmeier bereits reagiert, gerade im Familien- und Jugendbereich nehme sie viele Aufgaben wahr.

Soweit die AfD in Sachen Verständnis auch mit den anderen Fraktionen übereinstimmt: Mitgenommen gefühlt habe sie sich von Grote nicht so, wie sie es sich gewünscht habe. Zudem gab es im Hinblick auf Krankenhaus und Schulstruktur Diskrepanzen. Von einem Nachfolger wünscht Schielke sich einen stärkeren Blick auf den Nordkreis. Die AfD habe sich intern auf einen eigenen Kandidaten für die Landratswahl im kommenden Jahr verständigt. Einen Namen nennt sie noch nicht.

Viel Wohlwollen erntet Grote auch von den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern im Heidekreis. Deren stellvertretende Sprecherin, Meike Moog-Steffens, bezeichnete die Zusammenarbeit als stets angenehm und konstruktiv, auch bei schwierigen Themen. Es sei stets sein Ziel, gemeinsam abgewogene Lösungen zu finden, etwa beim Vertrag zwischen dem Landkreis und den Gemeinden und Städten zum Defizitausgleich zur Finanzierung der Kindertagesstätten. Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit lägen bei der Stärkung der Zusammenarbeit im Katastrophenschutz, der Einführung der IGS sowie der Umsetzung von Schulbauprojekten und den Themen Energiewende und Klimaschutz.

Bis zum Ende der Amtszeit im Oktober 2026 erhofft sich Moog-Steffens weiter eine konstruktive Zusammenarbeit, schließlich sei zu befürchten, dass der Heidekreis durch die sich abzeichnende Anpassung des kommunalen Finanzausgleichs in „die nächste finanzielle Schieflage“ gebracht werden könnte. „Da wünsche ich mir, dass Grote seinen gesamten Einfluss, seine Kommunikationsfähigkeit und Fachkenntnis nutzt, um dem Innenministerium deutlich zu machen, dass eine weitere Anhebung der Kreisumlage nicht infrage kommt – die Gemeinden und Städte wären überfordert.“ Schon jetzt sei klar, dass die anstehenden Haushaltsdiskussionen von diesem Konflikt geprägt werden.

Für eine Nachfolgelösung wäre laut Moog-Steffens von Vorteil, wenn die Person Fachkompetenz in Bezug auf öffentliche Verwaltung, aber auch soziale Kompetenz mitbringe. „Man könnte auch sagen, dass man Menschen mögen sollte.“ Daneben sei hohe mentale, körperliche und geistige Fitness notwendig – sowie „ein langer Atem, gepaart mit einer hohen Frustrationstoleranz, um Ziele zu erreichen“.

Anja TrappeKommentieren