Für das Erntefest ist es eigentlich zu früh

Nach der zügig abgearbeiteten Wintergerste warten die Landwirte mit wachsender Ungeduld, dass es weitergeht bei der Getreideernte.

Was die jährlich wiederkehrenden Feste betrifft, gehören die Mitglieder des Schützenvereins Gilmerdingen-Leverdingen zu den Ersten in Altkreis Soltau. In diesem Jahr sind sie noch früher als sonst an der Reihe. Aufgrund einer dorfinternen Absprache steht das ohnehin zeitig terminierte Erntefest in der Neuenkirchener Ortschaft bereits in zehn Tagen an, Mitte August.

Dem Mais bekommt der Regen gut

Da könnte man fast von einem Frühstart sprechen, denn viel zu feiern, jedenfalls im Wortsinne des Festes, gibt es noch nicht. Die Getreideernte kommt nach einem frühen Start Ende Juni, Anfang Juli kaum voran. Die seit Wochen anhaltenden Niederschläge, für vergangenen Sonntag ermittelte die Wetterstation Soltau zehn Millimeter, bremsen den Mähdreschereinsatz. Die Bestände sind erntereif, jeder weitere Schauer kann sich nun nachteilig auf die Qualität auswirken. Das Getreide wächst aus, Pilzbefall droht auf dem Feld. Immerhin: Dem Mais bekommt der Regen gut.

Eine Abfrage zur Wintergerste durch Landvolksprecher Cord-Christian Precht in den Bezirksverbänden des Kreisverbands hatte eine breite Varianz ergeben: zwischen fünf und zehn Tonnen pro Hektar, je nach Standort und Bewässerung und ein durchaus zufriedenstellendes Hektolitergewicht. Das Hektolitergewicht ist ein Maß für die Dichte und gibt Aufschluss über die Qualität und den Wert des Guts.

Der Drusch der Wintergerste sei zum allergrößten Teil gelaufen, berichtete Dieter Fricke von der Raiffeisen-Genossenschaft Centralheide bereits in der vorletzten Woche. Sie habe gute, zum Teil überdurchschnittliche Erträge gebracht. Alles weitere, Roggen, Weizen, Triticale, Raps und auch Hafer, wurde auch schon angeliefert, in überschaubaren Mengen – „von allem ein bisschen“, viel mehr aber nicht. Das meiste stehe noch auf dem Acker. Bis Ende Juli waren in Niedersachsen laut Landvolk erst 16 Prozent des Winterweizens geerntet und 45 Prozent des Winterraps – deutlich weniger als sonst zu diesem Zeitpunkt.

So fällt auch die „Wasserstandsmeldung“ des Gilmerdinger Landwirts Hans-Dietrich Witte aus, auf dessen Betrieb am Montag nicht, wie es zu diesem Zeitpunkt sein sollte, der Mähdrescher im Einsatz war, sondern dem Wetter geschuldet, anderes erledigt wurde: Beregnungsleitungen aufnehmen. „Die brauchen wir in diesem Jahr nicht mehr.“

Da muss man Abstriche machen

Hoffnung macht die aktuelle Prognose mit einer stabilen Wetterlage: In den kommenden Tagen soll es trockener und wärmer werden. Gebraucht werden drei bis vier trockene, warme Tage am Stück, damit die schlagkräftigen Maschinen starten, Weizen, Raps und Roggen ohne größere Qualitätsverluste geerntet werden können, heißt es vom Landvolkverband. Die Ruhe, so lange abzuwarten, haben nicht alle Landwirte. Folge, so Witte: „Man fängt an, bevor es trocken ist.“ Dafür müsse man zwar Trocknungskosten in Kauf nehmen, weil feuchtes Getreide nicht lagerfähig ist, aber: „Diese Abstriche muss man machen. Damit musst Du leben.“

Fünf Prozent dunsten vom Halm weg

Die Gerstenernte 2025 werde als ein Jahr der Extreme in die Geschichte eingehen, sagt Konrad Westphale vom Ausschuss pflanzliche Erzeugnisse im Niedersächsischen Landvolk. Sie zeige einmal mehr, wie stark Extremwetter und globalisierte Märkte die Landwirtschaft beeinflussen: Begonnen hat das Kalenderjahr mit historisch trockenen Monaten im Frühjahr. Nach einer Phase der Entspannung folgte die Hitze mit Temperaturen bis zu 40 Grad Celsius, sodass laut Schätzungen bis zu fünf Prozent des Ertrags direkt vom Halm wegdunsteten.