Reaktivierung der Strecke Soltau-Lüneburg erst ab 2028

Die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs zwischen Soltau und Lüneburg wird doch später beginnen als zunächst geplant. Voraussichtlich erst zum Fahrbahnwechsel 2028 sollen auf der Bahnlinie wieder Personenzüge fahren.

Bislang war das für die Reaktivierung zuständige Unternehmen Sinon von einem Starttermin Ende 2027 ausgegangen. Auch mit der Verschiebung liegt man aber noch vor den ursprünglichen Planungen für die Reaktivierung, die zunächst 2029 als Starttermin vorsahen.

Grund für die Verzögerung sind zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen, die für die Reaktivierung notwendig sind. Aktuell steht laut des Unternehmens Schieneninfrastruktur Ost-Niedersachsen (Sinon) die technische Planung des Vorhabens kurz vor dem Abschluss. Das Schallgutachten habe ergeben, dass deutlich mehr Lärmschutz erforderlich sei als ursprünglich erwartet, erklärt Sebastian Schülke, technischer Leiter bei Sinon.

Bereits 2013 prüfte das Land Niedersachsen erstmals die Reaktivierung mehrerer Bahnstrecken. Durch verschiedene Bewertungsverfahren, Prioritätenlisten und das Engagement der Landkreise Heidekreis und Lüneburg wurde die Reaktivierung der Strecke Soltau–Lüneburg schließlich im Nahverkehrsplan des Landes als Zielprojekt festgeschrieben. Seitdem werden die Planungen vorangetrieben.

Trotz Lärmschutzbedarf positives Kosten-Nutzen-Verhältnis

Der zusätzliche Lärmschutz verlängert nun die Planungszeit. Auch die Bauzeit werde durch das Aufstellen von Schutzwänden für aktiven Lärmschutz und die Umsetzung passiver Maßnahmen wie Lärmschutzfenster verlängert. Zudem müsse die Auslastung der Lieferfirmen berücksichtigt werden, insbesondere bei der sehr stark nachgefragten Sicherungstechnik. Auch der Bau von Bahnübergangssicherungen und weiteren Einrichtungen für einen sicheren Betrieb erfordere mehr Zeit als ursprünglich vorgesehen, erklärt der technische Leiter.

„Wir sind froh, dass wir unseren Anliegern einen so guten Schutz bieten können und der Kosten-Nutzen-Indikator trotzdem stabil deutlich über eins liegt“, erklärt Schülke. Da eine große Anzahl an Fahrgästen prognostiziert werde, bleibe das erforderliche Verhältnis von Nutzen zu Kosten trotz der zusätzlichen Investitionskosten für den Lärmschutz weiterhin gut. „Wir wären zwar schon gern ein Jahr früher gestartet, so erwarten wir aber einen verlässlichen Start auf den sich alle Beteiligten einstellen können.“

Das Bahnunternehmen Sinon erwartet, dass das Planfeststellungsverfahren Anfang 2026 mit der Auslegung der Planunterlagen beginnen kann. Bis dahin sollen die Verwaltungen und Ratsgremiem entlang der Strecke informiert werden. Die Anlieger würden auf Veranstaltungen zu Beginn der Auslegung informiert, dort sollen auch aufgekommene Fragen beantwortet werden. Die Bauarbeiten könnten dann voraussichtlich Mitte 2027 starten, so Sinon.

Niedrige Lärmschutzwälle bei Hützel und Steinbeck

Mehr Lärmschutz – gleich sechs Meter hohe Wände? Was in Soltau im Zuge des Ausbaus der Amerikalinie befürchtet wird, soll bei der Reaktivierung der Bahnstrecke Soltau–Lüneburg nicht notwendig sein.

Lärmschutzmaßnahmen werden hier vor allem in Hützel und Steinbeck umgesetzt, in Soltau selbst ist zusätzlich nichts erforderlich. Lärmschutzwände in den Ortschaften mit einer Länge zwischen 60 und 400 Metern sollen allerdings nur an manchen Stellen höchstens zwei Meter hoch werden, wie Tobias Hein, stellvertretender technischer Leiter beim Unternehmen Schieneninfrastruktur Ost-Niedersachsen (Sinon) erklärt. In Steinbeck sind Wände von vorwiegend rund 70 Zentimetern Höhe ausreichend, in Hützel sollen sie meist etwa ein Meter hoch werden.

In Bispingen selbst sind keine zusätzlichen Baumaßnahmen erforderlich. Die Strecke verläuft dort hauptsächlich durch Mischgebiete, in denen die Grenzwerte eingehalten werden können. Im Ort greifen bei einigen Gebäuden passive Maßnahmen durch Schallschutzfenster. Am Neubaugebiet an der Soltauer Straße gibt es bereits eine Lärmschutzwand, die auch für den zusätzlichen Verkehr auf der Strecke ausreiche, so Hein.

Schrilles Pfeifen an Übergängen ist vermeidbar

Aufgrund eines Schallgutachten plant Sinon die erforderlichen Maßnahmen für die Reaktivierung der Strecke. Anders als bei der Deutschen Bahn kann das Unternehmen allerdings die Wände näher an die eigentliche Strecke bauen und spare daher in der Höhe ein bis zwei Meter, während der gleiche Lärmschutz erreicht werde, so Hein. Bei der Deutschen Bahn schreibt das Regelwerk einen Mindestabstand von 3,30 Meter zur Gleismitte vor. Sinon müsse nur 2,80 Meter einhalten. Auch so seien die nötigen Vorschriften bei Geschwindigkeiten von Tempo 100 einzuhalten – auch 120 Stundenkilometer seien problemlos möglich. „Diese Option für eine höhere Geschwindigkeit halten wir uns damit offen“, erklärt Hein.

Die Personenzüge seien zwar grundsätzlich sehr leise und auch beim Güterverkehr sei kein zusätzlicher Lärm zu erwarten, aber in Summe wird durch die aktuellen Berechnungsmethoden im Planverfahren Anspruch auf Lärmschutz erzeugt. Insgesamt müssen entlang der Strecke gut sechs Kilometer Lärmschutzwände, 800 Meter Schienenstegdämpfer und weitere Maßnahmen umgesetzt werden. Dazu gehören auch Gummisohlen unter den Betonschwellen, wie sie bereits bei vielen Gleiserneuerungen eingebaut werden, um den Anliegerschutz zu optimieren. Ein weiterer positiver Effekt: Das schrille Pfeifen an den Bahnübergängen soll künftig entfallen. Dafür müssen jedoch neue Bahnübergangssicherungen gebaut werden.

Die Strecke von Soltau nach Lüneburg wurde 1913 in Betrieb genommen. Schrittweise wurde der Personenverkehr reduziert, die letzten Züge fuhren 1977. Der Güterverkehr blieb erhalten, zudem fährt seit Jahren der historische „Heide-Express“, vorwiegend in den Sommermonaten. Anfangs verkehrte er nur zwischen Bispingen und Lüneburg einmal wöchentlich, inzwischen fährt er bis beziehungsweise von Soltau.

Nach den aktuellen Planungen geht Sinon davon aus, dass zum Fahrplanwechsel 2028 der reguläre Schienenpersonenverkehr wieder aufgenommen werden kann. Zunächst sollen Dieselloks zum Einsatz kommen, später Akkutriebwagen.