Politisches Pokerspiel mit der Deutschen Bahn
Mächtiger Staatskonzern: Die Kommunikation der Bahn mit den Kommunen bietet viel Anlass für Kritik, gleichwohl kann der Bund über lokale Befindlichkeiten nicht einfach hinwegplanen, will er politische Flurschäden vermeiden. Foto: ari
Land und Landkreis wollen möglichst viel rausholen, sollten der Bund und die Bahn jene von ihnen abgelehnte Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover tatsächlich bauen. Ihr Forderungskatalog ist lang (BZ vom 4. Oktober). Es sei jetzt Aufgabe aller, Forderungen zum Besten der Region hart einzufordern, auch wenn man über keine unmittelbaren Druckmittel verfüge, so der Tenor. Indirekt könne die Region durchaus Druck erzeugen, etwa auf Entscheidungsprozesse in Berlin.
So galten die größten Landesgruppen der SPD-Bundestagsfraktion, Niedersachsen/Bremen und NRW, bislang als Bremser der Neubaupläne der Bahn. Der Einfluss Niedersächsischer Landespolitiker und vom mächtigen Munsteraner Abgeordneten, Minister und Parteichef Lars Klingbeil in ihren Reihen ist groß. Und auch bei der CDU wird ein Votum pro Neubaustrecke kein Selbstläufer, auch dort sind die Niedersachsen stark. Die örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete Vivian Tauschwitz hat sich bereits auf ein Nein festgelegt, sollte es zur Abstimmung kommen. Sie steht bei den Bürgerinitiativen im Wort. Klingbeils Position dagegen wird etwa bei Fridays for Future inzwischen als flexibler wahrgenommen. „Er wird im Bundestag zustimmen“, prognostiziert FFF-Klimaaktivist Kay Rabe von Kühlewein (BZ vom 19. September).
Klar ist: Sollten prominente Trassengegner wie Klingbeil oder Ministerpräsident Olaf Lies umschwenken, dann nach den Regeln der Politik nur gesichtswahrend. Daraus ergeben sich Spielräume für Forderungen der Region. Denkbar, dass der Bund und die Bahn zu weiteren Zugeständnissen bereit sein werden und das Versprechen eines Regionalbahnhofs an der Schnellbahnstrecke nur der Anfang war. Bitter enden könnte das Pokerspiel aber für Bispingen. Der Gemeinde ist vor allem wichtig, dass die Dörfer Hörpel und Volkwardingen nicht zum Bauernopfer werden, eingekesselt zwischen A7 und Bahntrasse. Abhilfe könnte ein veränderter Streckenverlauf bieten, der teils durch ein FFH-Schutzgebiet verliefe (BZ vom 15. Oktober).
Das stellt die Geschlossenheit der Bahnkritiker auf eine harte Probe. Nabu und BUND führen genau solche Eingriffe in die Natur als Argument gegen den Neubau an. Noch gewichtiger als möglicher Widerspruch von Umweltschützern sind aber rechtliche Planungshürden. Das Bundesnaturschutzgesetz ist eindeutig: „Erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind vom Verursacher vorrangig zu vermeiden.“ Das ist „striktes“, von Gerichten voll überprüfbares Recht. „Der Vermeidungsgrundsatz ist daher einer Abwägung nicht zugänglich“, heißt es in der aktuellen Ausgabe des Gesetzeskommentars von Lütkes/Ewer von 2025.