Tiefe Geothermie: Bundeswehr wird zentraler Kunde
Der Bohrplatz Munster Südwest Z3 wird ertüchtigt. Das Unternehmen Heidegeo will hier über eine Dublette aus rund 4500 Meter Tiefe 147 Grad heißes Thermalwasser fördern und mit der Wärme unter anderem den Bundeswehrstandort Munster versorgen. Foto: bk
Die Stadtwerke Munster-Bispingen haben, wie deren Geschäftsführer Jan Niemann jetzt bestätigt hat, einen Coup gelandet: In einem Ausschreibungsverfahren haben die Stadtwerke den Zuschlag für die Wärmeversorgung des Bundeswehrstandorts Munster bekommen. Damit hat das Geothermieprojekt endlich seinen zentralen Ankerkunden, der einen Großteil der über die tiefe Geothermie zu fördernden Wärmeenergie abnehmen wird.
Ertüchtigung des Bohrplatzes hat begonnen
Details über das Ausschreibungsverfahren und die Versorgung der Streitkräfte gibt Niemann nicht bekannt. In Zeiten der Krise setzen die Streitkräfte aus Sicherheitsgründen auf Geheimhaltung. Auf dem von der Heidegeo, eine hundertprozentige Tochter der Stadtwerke, betriebenen Bohrplatz wird derweil schwer gearbeitet. Das Fundament um die Bohrung wird neu gesetzt – eine wichtige Voraussetzung für die Platzierung des tonnenschweren Bohrturms. Der ist allerdings noch nicht in Auftrag gegeben, das Ausschreibungsverfahren dazu ist noch nicht abgeschlossen. „Wir möchten im Spätsommer/Herbst beginnen“, hofft Niemann auf eine zeitnahe Aufnahme der kommenden Arbeiten.
Steht der Bohrturm, werden über die Anlage zunächst die Rohre gezogen, um sodann die Bohrung um weitere 40 Meter abteufen zu können. Da die Vertiefung aber schräg im Gestein verläuft, beträgt die Erweiterung der Bohrung real 150 Meter. Erst wenn diese Arbeiten erledigt sind, kann sich die Heidegeo um die für eine sogenannte Dublette notwendige zweite Bohrung kümmern. Das Prinzip der Dublette ist einfach: Über eine Bohrung wird das etwa 147 Grad heiße Thermalwasser gefördert, die Wärme oberirdisch über einen Wärmetauscher abgegriffen und sodann das abgekühlte Wasser in einem geschlossenen Kreislauf über die zweite Bohrung auf denselben Gesteinshorizont wieder versenkt. Im porösen Sandstein (Rotliegendes) erwärmt sich das Wasser aufgrund der natürlichen Radioaktivität erneut, um über die erste Bohrung wieder gefördert werden zu können.
Heide-Geo hat Bohrung von Exxon-Mobil übernommen
Die Bohrung Munster Südwest Z3 gehörte bislang dem Gasförderkonzern Exxon-Mobil. Die Übernahme des Bohrplatzes durch die Stadtwerke-Tochter Heidegeo war der zentrale Schritt für die Realisierung des Projekts zur Förderung der tiefen Erdwärme. Der Ankerkunde Bundeswehr sichert nun auch die Herausforderungen bei der Vermarktung der Wärmeenergie in der Region. Tiefe Erdwärme gilt als nachhaltig und ist unabhängig von Witterung und Tageslicht verfügbar. Das Munsteraner Projekt gilt landesweit als Pilotprojekt.
Vision Geothermie: Planen und Kämpfen seit 2008
2008 gaben die Stadtwerke eine Vorstudie zu den geothermischen Potenzialen in der Örtzestadt in Auftrag. Die Nachnutzung einer Erdgasförderbohrung der Exxon-Mobil war das Ziel. 2014 erklärte der Landtag Niedersachsen das Vorhaben einstimmig zum bundesweiten Pilotprojekt, allerdings politisch ohne weitere Folgen. Bund und Land taten sich lange schwer, sich nachhaltig hinter das Projekt zu stellen. Trotzdem führten die Stadtwerke Machbarkeitsstudien durch.
Exxon-Mobil bot die Bohrung Z3 nahezu kostenlos an, was ein millionenschweres Ersparnis bedeutete. Neue Analysen ergaben zudem eine Lithiumkonzentration von ungefähr 353 Milligramm pro Liter im Thermalwasser, sodass neben der Wärmegewinnung auch Rohstoffe wie Lithium gefördert werden könnten.