„Das Land wird keinen Bahnhof bauen“

Kein Interesse an einem neuen Bahnhof in Soltau: Verkehrsminister Grant Hendrik Tonne (SPD) erteilt der Deutschen Bahn in Bispingen einen Korb. Foto: ari

Nachdem die Deutsche Bahn ihre „Vorzugsvariante“ zur Verbesserung des überlasteten Schienenverkehrs auf der Achse Hamburg-Hannover präsentierte, blieb es zunächst relativ ruhig. Keine Spur vom „massivsten Widerstand, den die Region je gesehen hat“ , wie ihn die BI Y-Monster angekündigt hatte.

Hatte die Bahn mit der Einbeziehung des Nahverkehrs in ihre Planungen dem Widerstand etwa den Wind aus den Segeln genommen? Solche Spekulationen wurden jetzt eindrucksvoll widerlegt. Die Präsentation der Bahn erfolgte direkt vor den Schulferien und der parlamentarischen Sommerpause in Berlin – mit dem Ferienende ist der Protest wieder da.

Die Trassengegner hatten selbstbewusst zum „Heidegipfel“ geladen, und der Name war durchaus passend. Geladene Gäste aus verschiedenen Parteien und Organisationen, vom Minister bis zum Nabu, von Bürgermeistern, Landräten und Abgeordneten bis zum Landvolk und der Landesjägerschaft, fanden sich auf dem Privatgelände des Landwirts Hans Peter Bockelmann in der kleinen Bispinger Ortschaft Borstel in der Kuhle ein, um sich gegenseitig zu versichern, weiterhin alles zu unternehmen, um die Bahnpläne zu durchkreuzen. Der Veranstaltungsort war gut gewählt. Der Hof soll nach dem Willen der Bahn verschwinden. „Wir sind an einem Ort, der, wenn die Planungen der Bahn umgesetzt werden, bald verloren sein wird“, sagte Bispingens Bürgermeister Dr. Jens Bülthuis in seinem Grußwort. Sollte es soweit kommen, wäre mehr verloren als eine kleine Ortschaft, für die sich vielleicht außerhalb niemand interessiere, führte der Verwaltungschef aus. Verloren wäre auch das Vertrauen in demokratische Prozesse.

DB-Pläne lassen Finanzierungsfrage offen

Hauptredner des Heidegipfels war Niedersachsens Verkehrsminister Grant Hendrik Tonne. Er erklärte, dass die Bahn ihn nicht in ihre Planungen für einen Regionalhalt des ICE in Soltau und einen Express-Nahverkehr nach Hannover und Hamburg eigeweiht habe. Es habe keine Absprachen gegeben. Ein bemerkenswerter Vorgang, immerhin ist das Land für den Regionalverkehr zuständig, nicht der Bund. Will die Deutsche Bahn Niedersachsen etwa einen Regionalbahnhof in Soltau und schnelle Regionalzüge spendieren? Wohl eher nicht. Die Pläne sind bislang nicht finanziell abgedeckt. Wer für eine Realisierung zahlen soll, bleibt somit offen. Niedersachsen jedenfallls plane nicht mit Regionalverkehr auf einer neuen Schnellbahntrasse, stellt Tonne klar. Das Land habe auch keine Mittel, um einen neuen Regionalbahnhof zu bauen, so der SPD-Mann. Peter Dörsam, grüner Bürgermeister von Tostedt und Sprecher des Projektbeirats Alpha-E, hatte den Bahnhof da bereits als „reine Fata Morgana“ abgetan.

„Wir vor Ort sind nicht dumm“

„Die Kommunikation der Deutschen Bahn ist ein völliges Desaster“, schimpfte die Bispinger Bundestagsabgeordnete Vivian Tauschwitz und verlangte Augenhöhe. „Wir vor Ort sind nicht dumm“, unterstellte die CDU-Frau der Bahn, die Kommunen und ihre Bewohner nicht ganz für voll zu nehmen. Tauschwitz formulierte ihre Position klar: „Kommt es zur Abstimmung, werde ich dagegen stimmen.“ Allerdings müssten zunächst Verfahren der Raumordnung inklusive Anhörungen durchgeführt werden. Auch der abwesende einflussreiche SPD-Abgeordnete Lars Klingbeil setzt auf Zeit: Erst sollten beschlossene Maßnahmen im bestandsnahen Aus- und Neubau realisiert, dann Ergebnisse bewertet werden, hieß es in seinem verlesenen Grußwort aus Berlin.

Die Teilnehmer verabschiedeten eine „Bispinger Erklärung“. Darin heißt es: „Mit den aktuellen Planungen für eine zweigleisige Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover mitten durch die Lüneburger Heide droht erneuter Stillstand. So wie bereits über 30 Jahre mit den Planungen für die Y-Trasse, droht die Neubauplanung alle sinnvollen Ausbauprojekte zu blockieren.“